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"Vernünftige Ärzte". Hallesche Psychomediziner und Ästhetiker in der anthropologischen Wende der Aufklärung unter besonderer Berücksichtigung des erfahrunswissenschaftlichen Werks von Johann Gottlob Krüger (1715-1759)

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2001 bis 2006
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5464958
 
Das Projekt zielt darauf, die unmittelbare Vorgeschichte der "anthropologischen Wende" der Spätaufklärung, d.h. zugespitzt: die anthropologische Wende vor der sogenannten anthropologischen Wende, aufzuarbeiten. Diese Zielstellung konnte hinreichend erst ins Blickfeld treten, nachdem die Projektarbeiten des Forschergruppenantrags, namentlich die laufenden Forschungen zur Anthropologie als Wissenschaftsgattung (die Bibliographie der Projektgruppe Garber/Teilprojektbereich Anthropologie (Stöckmann) "Monographien, Anthropologie" nennt, z.Zt. 200 Titel), mit der Anthropologie, Kulturgeographie, Menschheitsgeschichte, (Auto-)Biographik und anthropologischen Roman etc. ein "verlorenes Paradigma" wieder zugänglich machen konnte, das bis dahin durch Idealismus, Hermeneutik und Historismus des 19. Jahrhunderts völlig verstellt war. Der Wiedergewinn des anthropologischen Paradigmas im Zuge der Forschergruppenarbeit hat dazu geführt, den Anteil des genuin anthropologischen Wissens innerhalb des Gesamtprojekts stärker zu gewichten, d.h. die Wissenschaftsgattung eigenständig zu thematisieren. In diese Revision ordnet sich der vorliegende Antrag ein. Erst die Eröffnung dieses Horizonts gibt den Blick frei auf die Genese des anthropologischen Paradigmas als Antwort auf die Provokation des frühaufklärerisch-kontinentalen Systemdenkens durch den englischen Empirismus. Diese "erste" anthropologische Wende vollzieht sich im interdisziplinären Dreieck von Philosophie, Theologie und Medizin, d.h. namentlich im ideengeschichtlichen Spannungsfeld von Wolffianismus, Thomasianismus, Pietismus und Stahlianismus - Denkweisen, die in Halle in der bipolaren Dynamik von preußischer Reformuniversität (seit 1694) und pietistischem Reformzentrum (Franckesche Anstalten, seit 1695) in besonderem Maße ausgeprägt und institutionell getragen wurden. Die Hypothese des Projekts besagt, dass die entscheidende Umschaltung von Systemdenken auf Empirie innerhalb dieser "Halleschen Konstellation" durch die "vernünftigen Ärzte" (insbesondere Krüger, Unzer, Nicolai) bewerkstelligt wird, deren signifikanter Textkorpus unter Zugrundelegung eines erweiterten Literaturbegriffs analysiert und dokumentiert werden soll. Gezielt wird darauf, den anthropologischen Ansatz der vernünftigen Ärzte ideengeschichtlich und institutionell zu positionieren, ihren anthropologischen Diskurs auf Kohärenz und Binnendifferenzierung hin zu überprüfen und Affinität und Arbeitsteilung mit der gleichursprünglichen Ästhetik (Baumgarten, Meier) und Psychotherapie (Bolten) zu konturieren. Verfolgt wird ein genuin interdisziplinärer, institutionsgeschichtliche Aspekte aufgreifender Ansatz im Rahmen einer zur Fachprosaforschung hin erweiterten Konzeption neugermanistischer Literaturgeschichtlicher Homogenisierungen (Systemdenken; Wolffianismus u.ä.) aufzusprengen, d.h. das "Herauswachsen" der Erfahrungswissenschaften aus der Philosophischen Fakultät (Krüger), das Anthropologie und Ästhetik konstituierende Bündnis von Philosophie und Medizin (Unzer/Nicolai; Baumgarten/Meier) sowie die ästhetikaffine Psychotherapie (Bolten) in den Blick zu bekommen.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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