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Hin zu einer ganzheitlichen Rekonstruktion des ‚Baltischen Bernsteinwaldes‘ – Die Diversität der Blütenpflanzen und ihre paläoökologische Bedeutung
Antragstellerin
Dr. Eva-Maria Sadowski
Fachliche Zuordnung
Geologie
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 535296903
Baltischer Bernstein aus dem Eozän ist eine bekannte Quelle für dreidimensionale, exzellent erhaltene Fossilien von Tieren und Pflanzen, die vor 38 bis 34 Millionen Jahren ins Harz eingebettet wurden. Nur ein kleiner Prozentsatz dieser Einschlüsse sind Samenpflanzen, die jedoch sehr wertvoll sind um das Ökosystem, aus dem der Baltische Bernstein stammt, dem sog. Baltischen Bernsteinwald (BAW), zu verstehen. Bisher wurden Samenpflanzeneinschlüsse aus Baltischem Bernstein hauptsächlich im 19. und frühen 20. Jahrhundert untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Baltische Bernsteinflora sehr vielfältig war. Mit Ausnahme der Koniferen und Fagaceae wurden die meisten der beschriebenen Inklusen aus diesen historischen Veröffentlichungen jedoch nie umfassend überprüft oder mit der aktuellen Taxonomie abgeglichen. Daher blieb bisher unklar, welche Angiospermen im BAW wuchsen. Diese Wissenslücke erschwert eine umfassende paläoökologische Bewertung des BAW und trägt auch zu gegensätzlichen Auffassungen über dessen Vegetation bei. Derzeit gibt es vier Haupthypothesen über den BAW, die besagen, er sei ein tropischer Tieflandregenwald mit subtropischen Bergregionen (1), ein subtropischer bis warm-gemäßigter bergiger Wald (2), ein feuchter und thermophiler Laubwald in einem flachen Relief (3) oder ein heterogenes Mosaik aus verschiedenen Lebensraumtypen in einem warm-gemäßigten und feuchten Klima (4). In diesem Projekt wollen wir diese Hypothesen überprüfen, indem wir Inklusen von Angiospermen aus historischen Bernsteinsammlungen sowie neues, unbeschriebenes Material untersuchen. Wir werden diese Einschlüsse mit Hilfe von microCT und Synchrotron-Röntgentomographie analysieren. Dies wird es uns ermöglichen, Zugang zu verdeckten Schlüsselmerkmalen der Einschlüsse zu erhalten, die für ihre Identifizierung unerlässlich sind. Für die Rekonstruktion des BAW und dessen Lebensräume werden wir die Paläoökologie der gefundenen fossilen Pflanzentaxa durch Literaturrecherchen zusammenstellen, wobei der Schwerpunkt auf paläogenen und neogenen Floren Europas liegt. Zusätzlich wird eine Plant Functional Type (PFT) Analyse durchgeführt, bei der die ökologischen Gruppen der Vegetation bestimmt werden. Für die paläoklimatische Analyse werden wir einen Coexistence Approach (CA) anwenden, um das Paläoklima für die Baltische Bernsteinflora quantitativ zu rekonstruieren. Für den CA werden wir den nächsten lebenden Verwandten (nearest living relatives, NLR) für jedes fossile Taxon identifizieren und moderne Klimaparameter sowie die geographische Verteilung der NLRs zusammenstellen. Die Überschneidung der Klimawerte für alle NLRs wird berechnet, um sieben Klimaparameter, wie die mittlere Jahrestemperatur und den Niederschlag, einzuschätzen. In einem letzten Schritt werden wir alle Ergebnisse aus der paläoökologischen und paläoklimatischen Analyse zu einer überarbeiteten Umweltrekonstruktion des BAW zusammenführen und die bestehenden Hypothesen bewerten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen