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Lernregeln basierend auf Multi-Zeitskalen und struktureller Plastizität in physischen Reservoirs
Antragsteller
Dr. Hans Kleemann; Professor Dr. Christian Tetzlaff
Fachliche Zuordnung
Elektronische Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen, Integrierte Systeme, Sensorik, Theoretische Elektrotechnik
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 536022519
Das menschliche Gehirn ist in der Lage, komplexe und vielfältige Aufgaben effizient zu lösen und sich dabei im Laufe der Entwicklung vom Kindes- zum Erwachsenenalter weiter zu verbessern. Diese Fähigkeiten beruhen auf den differenzierten Mechanismen der synaptischen Plastizität, welche es den Synapsen erlauben, Informationen auf einer breiten Zeitskala von Millisekunden bis hin zu Wochen zu speichern und zu verarbeiten. Weiterhin spielt die strukturelle Plastizität, d.h. Wachstum und Verarmung synaptischer Verbindungen, welche unser ganzes Leben stattfindet, eine entscheidende Rolle für die Entwicklung effizienter Lernregeln im Gehirn. Diese biologische Multi-Zeitskalen- und strukturelle Plastizität kann bisher in elektronischen Systemen für neuromorphes Rechnen nur sehr eingeschränkt oder gar nicht realisiert werden. Dafür fehlen zum einen analoge Bauelemente mit gleichzeitig volatiler und nicht-volatiler Speicherfunktion, als zum anderen auch die Möglichkeit, Verbindungen auf einem CMOS-Chip während des Lernens entstehen oder verschwinden zu lassen. In diesem Projekt entwickeln wir experimentelle und theoretische Methoden zur Realisierung und Untersuchung von Synapsen und rekurrenten neuronalen Netzwerken (sogenannte Reservoirs) mit Multi-Zeitskalen- und struktureller Plastizität. Dabei nutzen wir polymer-basierte Dendrite, deren synaptische Eigenschaften dynamisch während des Wachstums kontrolliert werden können und wir analysieren die Wechselwirkung der verschiedenen Plastitzitätslernregeln, welche in diesen Systemen die biologisch-relevante Zeitskala von Millisekunden bis Wochen abdecken. In diesem Zusammenhang untersuchen wir, wie die Stärke der Plastizitätsmechanismen durch die chemische Zusammensetzung der Polymere und des Elektrolyten eingestellt werden kann. Weiterhin analysieren wir experimentell und mittels Modellierung den Übergang von der Einzelsynapse hin zu rekurrenten neuronalen Netzwerken und definieren basierend auf der Dynamik und Speicherkapazität des Systems Lernregeln, welche z.B. für Zeitreihenvorhersage genutzt werden können. Aufgrund der Biokompatibilität der gewählten Substrate und Materialien sind die hier entwickelten Systeme ideal für einen Einsatz in der Medizintechnik geeignet. Deshalb demonstrieren wir in Experiment und Theorie die Leistungsfähigkeit der Systeme und Lernregeln für die Vorhersage von Biosignalen, welche eine breite zeitliche Dynamik besitzen, wie z.B. Hirnaktivität und Körpertemperatur.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Mitverantwortlich(e)
Dr. Erika Covi