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Angereicherte Sprache zur Unterstützung der Sprachentwicklung bei Kindern mit sensorineuralem Hörverlust: Neurale und Verhaltensbefunde
Antragstellerin
Professorin Dr. Claudia Männel
Fachliche Zuordnung
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Phoniatrie und Audiologie
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 536577040
Kinder mit sensorineuralem Hörverlust (SNHL) zeigen, trotz frühzeitiger Diagnose und technisch fortgeschrittener Hörhilfenversorgung, Schwierigkeiten beim Verstehen und Produzieren von Sprachlauten. Diese Schwierigkeiten betreffen vorrangig Sprachlaute im hohen Frequenzbereich (>2 kHz), wie die Konsonanten /s/ und /t/. Da diese Konsonanten lexikalisch bedeutungsunterscheidend sind (Hau-s vs. Hau-t) und im Deutschen morpho-syntaktische Abhängigkeiten markieren, wirken sich diese Probleme nachteilig auf den Worterwerb und die Grammatikentwicklung betroffener Kinder aus. Ziel des Forschungsprojektes ist die Untersuchung, ob 1- bis 3-jährige Kinder mit SNHL in ihrer eingeschränkten Lautwahrnehmung vom Hören „angereicherter“ Sprache profitieren. In drei elektrophysiologischen (EEG) Experimenten und zwei Eyetracking-Experimenten soll die Hypothese getestet werden, dass die Lautwahrnehmung betroffener Kinder durch die akustische Hervorhebung von Konsonanten gesteigert werden kann. In einem EEG-Experiment werden Kindern zunächst Geschichten in kindgerichteter Sprache vorgespielt. Sprachlaute sind hier hervorgehoben, da dieses Sprachregister typischerweise langsamer ist und starke Tonhöhenmodulationen beinhaltet. In den weiteren EEG- und Eyetracking-Experimenten werden Sprachstimuli getestet, bei denen Konsonanten in kindgerichteter Sprache zusätzlich in ihrem Hochfrequenzbereich verstärkt (d.h. lauter gemacht) werden. In den EEG-Analysen wird die Lautwahrnehmung in „angereicherter“ Sprache im Vergleich zur Erwachsenensprache durch Analysen ereigniskorrelierter Gehirnpotentiale untersucht. Zusätzlich wird die Berechnung der Kohärenz zwischen Gehirn- und Sprachsignal (v.a. für die Signalrate einzelner Laute) für die unterschiedlichen akustischen Bedingungen bestimmt und mittels multivariater-temporaler Responsefunktionen die Gehirnreaktionen auf hoch- und niedrigfrequente Konsonanten unter verschiedenen Anreicherungsbedingungen verglichen. Des Weiteren werden Pupillen- und Blickbewegungsverhalten als Indikatoren für eine Lautunterscheidung unter verschiedenen Anreichungsbedingungen untersucht. Die EEG-und Verhaltenskorrelate der Lautwahrnehmung werden längsschnittlich (nach 12 Monaten) zur Lautartikulation der Kinder in Beziehung gesetzt. Außerdem wird mit Hilfe von Fragebögen und Verhaltenstests untersucht, ob der postulierte Wahrnehmungsvorteil durch angereicherte Sprache mit den allgemeinen Sprachfähigkeiten der Kinder (in Wortschatz und Grammatik) und Faktoren ihrer Lernumgebung (z.B. Charakteristika der elterlichen kindgerichteten Sprache) variiert. EEG- und Verhaltensmessungen von Kindern mit SNHL werden mit denen von Kindern mit normalem Hörvermögen verglichen (in Alter, Geschlecht und sozioökonomischen Status gematcht). Unser Projekt ermöglicht die Beurteilung des Nutzens angereicherter Sprache zur Verbesserung der Lautwahrnehmung von Kindern mit SNHL und birgt Potential für einen niedrigschwelligen Weg zur Förderung ihrer Sprachentwicklung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Dr. Anke Hirschfelder; Dr. Lars Meyer