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Angewandte Geisteswissenschaften – Genealogie und Politik

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 536645628
 
Gegenwartsbezogen, sozialpolitisch und wirtschaftlich relevant, nachhaltig und ökologisch zukunftsweisend. Schlagworte wie diese prägen die aktuelle Wissenschaftsförderung. Nicht nur Natur- und Ingenieurswissenschaften, vor allem die Geisteswissenschaften sollen ihre vielbeschworene Legitimationskrise hinter sich lassen und ihre anwendungsorientierte Forschung stärken. Was aber kann und soll angewandte Forschung in den Geisteswissenschaften sein? Handelt es sich dabei tatsächlich um neue Forschungsagenden? Diesen Fragen will sich die geplante Kolleg-Forschungsgruppe widmen und damit eine neue Aufmerksamkeit für die historische und gegenwärtige soziopolitische Bedeutung der Geisteswissenschaften erreichen. Dabei setzt das Kolleg an dem in der westlichen Moderne vorherrschenden Verständnis von angewandter Forschung als einem gesetzesbasierten, allgemeingültigen und leicht verwertbaren Wissen an un stellt diesem das gesellschaftsbildende und -gestaltende Potenzial einer konzeptionell erst noch zu konturierenden „angewandten Geisteswissenschaft“ gegenüber. Dazu sind „angewandte Geisteswissenschaften“ als ein historisches, sich in, zwischen und jenseits der disziplinären Grenzen formierendes Gefüge von Praktiken im Kontext politischer und ökonomischer Systeme zu verstehen. Ihr emanzipatorisches Potential entfaltet sich jenseits bloßer Nützlichkeitserwägungen und sie können so eine politisch-kritische Funktion wahrnehmen, indem sie gesellschaftliche Phänomene, politische und technologische Infrastrukturen hinterfragen und neue Formen des Zusammenlebens von Menschen und ihren Umwelten entwerfen. Das interdisziplinär angelegte Kolleg will dieses historische Gefüge von Praktiken mit Hilfe eines genealogischen Ansatzes freilegen und sich der geisteswissenschaftlichen „Praxispolitik“ und dem „Infrastrukturdenken“ nähern. Innerhalb dieser Schwerpunkte werden weitere Akzente in den Bereichen „Praxis der Provenienzforschung“, „Digital Humanities“, „Geisteswissenschaften und Globalisierungsversprechen“ und „Environmental Humanities“ gesetzt. Die Kolleg-Forschergruppe dient den Sprecherinnen, Mitarbeiter*innen, nationalen wie internationalen Fellows und assoziierten Vertretungs- und Juniorprofessor*innen als Forum des intensiven Austauschs. Durch unterschiedliche Arbeitsformate soll das transdisziplinäre Projekt in der ersten Förderphase eine Reihe von Publikationen, aber auch Podcasts, Ausstellungen, Open-Access-Formate und Verlagsinitiativen hervorbringen. Parallel dazu arbeiten wir mit den Fellows daran, das Thema für die zweite Förderphase globalgeschichtlich zu erschließen. „Angewandte Geisteswissenschaften“ sind also deshalb ein lohnender Untersuchungsgegenstand, weil hier ein Grundkonflikt aller Wissenschaften zwischen reflektierender Distanznahme und konkreter Umsetzbarkeit zum Ausdruck kommt und der Fokus auf die Anwendbarkeit eine neue historisch-politische, transdisziplinären und transregionalen Perspektive auf die Geisteswissenschaften eröffnet.
DFG-Verfahren Kolleg-Forschungsgruppen
 
 

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