Monotektische Aluminium-Basiswerkstoffe für hochbelastete Tribosysteme
Zusammenfassung der Projektergebnisse
2.1 Allgemeinverständliche Darstellung der wesentlichen Ergebnisse und der erzielten Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens In diesem Forschungsvorhaben wurden ein umweltfreundlicher Gleitlagerwerkstoff auf der Basis übermonotektischer AI-ßi-Legierungen sowie sein Herstellungsprozesses zum Gleitlager entwickelt. Untersuchungen zum Einfluss der Legierungselemente Bi, Zn, Cu und Si auf die Erstarrungskinetik und das resultierende Gefüge ergaben, dass die Erhöhung der Gehalte dieser Elemente zur Verringerung der Stengelikristallzone, Vergröberung des dendritischen Gefüges, heftigen Verstärkung der Seigerung, Vergröberung und ungleichmäßigen Verteilung der Bismut-Tropfen im Gusszustand führte. Die starke Ausprägung der Dendritenzweige führt zur Verringerung der Kontaktflächen der wachsenden Kristalle und somit zu einer Erhöhung der Warmrissneigung. Untersuchungen am Stift-Scheibe-Tribometer haben zudem eine Verschlechterung dertribologische Eigenschaften ergeben. Versuche zum Einfluss von Kornfeinungsmitteln auf das Gefüge von AI-Bi-Zn-Cu- und AI-Bi- Zn-Cu-Si-Legierungen haben gezeigt, dass durch Einsatz von AI-Ti-C Gussstränge mit sehr feinem dendritischem Gefüge und kleinen, im Zentrum sehr gleichmäßig verteilten Bismuttropfen erzielt werden. Zudem wird das Gefüge anisotroper, d.h. die Oberfläche des Strangs ist an Bi verarmt und in der Mitte angereichert. Dadurch wird der Plattierprozess mit dem metallischen Trägermaterial wesentlich erleichtert. Dies bedeutet, dass höhere Bindefestigkeiten erreicht werden können, da der Anteil der weichen Phase in der Bindezone wesentlich geringer ist. Durch Kenntnisgewinn der Mechanismen bei dem Prozess der Gefügeausbildung in den übermonotektischen Legierungen auf Basis AI-Bi und darauf aufbauende Optimierung der chemischen Zusammensetzung sowie der Kornfeinung ist eine gute Verteilung des Bismuts in einer hochfesten Aluminiummatrix sowohl im Gusszustand als auch nach Weiterverarbeitung zum Gleitlager erreicht worden. Durch umfangreiche Parameterstudien sowohl bei der Werkstoffpräparation als auch beim Walzen und der jeweils anschließenden Diffusionsglühung ließ sich der Mindestumformgrad der Plattierwalzungen auf 30% absenken. Es ist gelungen, durch entsprechende Glühung nach den Walzprozessen die weiche Bi-Phase in der Matrix so zu dispergieren, dass eine homogene Verteilung vorliegt. Nach den tribologischen Tests sowohl an Werkstoffproben als auch am gefertigtem Lager, die auf einem Prüfstand in einen Motor eingebaut wurden, konnte die gute Eignung des Werkstoffs als Gleitlagerwerkstoff nachgewiesen werden. Besonders die korngefeinte Legierung AlZn5Cu2.5Bi7 zeigt nach Einstellung des optimalen Gefüges in der Fertigung Potenzial für den industriellen Einsatz. 2.2 Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Es wurde festgestellt, dass die Struktur, die im Laufe des Kristallisationsprozesses entsteht, den entscheidenden Einfluss auf die tribologischen Eigenschaften der monotektischen Legierungen leistet. Besonders gute Eigenschaften wurden beim Gussmaterial mit anisotroper Struktur erreicht, dessen Oberfläche an Bismut verarmt und dessen Mitte angereichert ist. Dabei sind die Bismut-Tropfen mit kleineren Größen im zentralen Teil des Gussstücks gleichmäßig verteilt. Durch die strukturelle Anisotropie wird der Schweißprozess beim Plattieren mit dem metallischen Trägermaterial wesentlich erleichtert. Somit kann die Menge des Bismutes herabgesetzt und die tribologischen Eigenschaften wesentlich verbessert werden. Dabei hat die chemische Zusammensetzung der Legierung auf die tribologischen Eigenschaften einen geringeren Einfluss als das Gefüge. Deshalb sollen in zukünftigen Arbeiten der Einfluss der technologischen Faktoren, wie die Temperatur der Schmelze, die Haltezeit der Schmelze nach Zugabe von Mikrolegierungselementen, die Gießgeschwindigkeit sowie die Menge des Kühlmediums untersucht werden. Weiterhin sollen die Mechanismen der Wirkungsweise der Mikrozusätze auf die Bildung der Struktur der monotektischen Legierungen untersucht werden. Mit den allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten sind die beobachteten strukturellen Veränderungen wegen ihrer Komplexität nicht zu erklären. Monotektische Legierungen besitzen nach heutiger Einschätzung ein großes Potential für den industriellen Einsatz als hochbelastbare Gleitlager. Für die Praxis bedeutet der Einsatz solcher Legierungen eine Vermeidung kostenintensiver Beschichtungen zur Schaffung geeigneter Einlaufschichten. Ferner erfüllen die entwickelten Werkstoffe auf Basis AI-Bi die Forderung nach dem Verzicht auf den Einsatz von Blei in neu entwickelten Gleitlagerwerkstoffen. Es darf erwartet werden, dass durch weitere grundlagenorientierte Forschungsarbeit Erkenntnisse verfügbar werden, die in der industriellen Anwendung zu einem prozesssicher herstellbaren, robusten Gleitlagerwerkstoff mit sehr guten tribologischen Eigenschaften führen. Zu dem erforschten und entwickelten Gleitlagerwerkstoff liegt ein Patent vor, an dem die Industrie Interesse zeigt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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H. Palkowski, K.-M. Rudolph, B. Tonn, K. Gzovskyy, H. Schwarze, S. Swoboda Entwicklung innovativer Gleitlagerwerkstoffe auf AI-Bi-Basis 48. Tribologie-Fachtagung, 24. bis 26. September 2007, Göttingen
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H. Schwarze, S. Swoboda, H. Palkowski, K. Rudolph, B. Tonn, K. Gzovskyy, Dr. R. Mergen, F. Langbein Entwicklung innovativer Gleitlagerwerkstoffe auf AI-Bi-Basis Tribologie-Fachtagung 2008 22. bis 24. September 2008, Göttingen, eingereicht März 08
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M. Gruber-Pretzler, F. Mayer, M. Wu, J. Moiseev, B. Tonn, A. Ludwig, Continuous Casting, eds. H.R. Müller, Weinheim: Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, 2006, p. 194-201.
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Moiseev, J., Vogelgesang, S., Zak, H., Palkowski, H., Tonn, B. Monotektische Aluminium-Basiswerkstoffe für hochbelastete Tribosysteme Metall, Jg. 58, (2004) Heft 6, S. 289 - 293
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Moiseev, J., Zak, H., Palkowski, H., Tonn, B. Stranggießen monotektischer Aluminium-Bismut-Werkstoffe für hochbelastbare Gleitlager Aluminium, Jg. 8, (2005) Heft 1/2, S. 92 - 98