Grundlagenuntersuchungen zum Ionenaustausch in Polymer/Träger-Verbundmaterialien: Ein Beitrag zur Entwicklung neuartiger Mikroreaktoren für organisch-chemische Synthesen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Insgesamt konnten alle im Antrag aufgeführten Punkte zufriedenstellend und im angestrebten Zeitraum bearbeitet werden. Neben dem Aufbau und der Inbetriebnahme der Versuchsanlage wurden die für die Versuche benötigten Reaktorsysteme gefertigt, charakterisiert und erfolgreich in Versuchsreihen eingesetzt. Dabei wurde systematisch der Einfluß verschiedener Parameter, wie Quervernetzergehalt der Polymermatrix, Konzentration der Austauschlösung und Temperatur, untersucht. Bei der Herstellung der für die Kalibrierung notwendigen Lösungen der entsprechenden Anionen traten insbesondere bezüglich der Löslichkeit Probleme auf. So konnten Versuche zum Austausch von Methylorange nicht durchgeführt werden, für alle anderen Versuchsreihen wurde die Konzentration der Austauschlösung auf 0,1 mol/l festgelegt. Für die quantitative Chloridionenbestimmung bei den Versuchen mit Borhydrid konnte erfolgreich ein photometrisches Analytikverfahren anstelle der ISE eingesetzt werden. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, daß unterschiedliche Trägermaterialien nur einen geringen Einfluß auf die Geschwindigkeit der Ionenaustauschvorgänge haben, bei Einsatz des Trägermaterials 1 sich jedoch leicht höhere Gleichgewichtsumsätze erzielen lassen. Im Vergleich zu handelsüblichen Ionentauscherharzen gepackt im Rohrreaktor weisen die entwickelten Polymer/Träger-Reaktoren, mit Ausnahme des Austausches mit Hydroxid-Ionen, bei vergleichbaren Gleichgewichtsumsätzen deutliche Vorteile bezüglich der Geschwindigkeit des Ionenaustausches auf. Eine Verbesserung des Stofftransportes aufgrund der deutlich kleineren Polymerpartikel kann somit nachgewiesen werden. Insbesondere für größere, organische Moleküle, welche das Hauptanwendungsgebiet der neuen Materialien sein werden, ist ein deutlich verbessertes Stofftransportverhalten zu beobachten. Eine Modellierung der zeitlichen Verläufe der Ionenaustauschvorgänge basierend auf Gleichungen zur Beschreibung von Gleichgewichtsreaktionen verdeutlicht auch quantitativ die Vorteile bezüglich des verbesserten Stoffaustauschverhaltens der neu entwickelten Polymer/ Träger-Reaktoren. Die gewonnen Werte der reaktionstechnischen Parameter werden als Grundlage zur Erstellung optimierter Regenerier- und Beladungszyklen der Reaktoren dienen. Zusammenfassend kann man feststellen, daß die Anwendung einer ionenselektiven Elektrode nach Behebung der aufgetretenen Schwierigkeiten ein gutes und geeignetes Werkzeug darstellt, um dynamischen Ionenaustausch quantitativ verfolgen zu können. Zur Erfassung des Austausches mit Borhydrid-Ionen hat sich die photometrische Analyse einzelner Proben als äußerst zuverlässig erwiesen. Die bisherigen Untersuchungen zum Ionenaustausch stellen eine Grundlage zur Beschreibung des Stoffaustausches in den neu entwickelten Polymer/Träger-Reaktoren dar. Verschiedene Einflußparameter sind ebenfalls untersucht worden. Somit ist ein effizientes Werkzeug entwickelt worden, um insbesondere die Beladung der Reaktoren für festphasengebundene Synthesen effektiver gestalten zu können. Auch der Einsatz der entwickelten Polymer/Träger-Reaktoren für festphasenunterstützte Synthesen stellt eine effektive Methode zur Ermittlung der Reaktionskinetik solcher Reaktionen dar. Am Beispiel der selektiven Reduktion von Zimtaldehyd mit polymerphasengebundenem Borhydrid konnte gezeigt werden, dass die eigentliche chemische Umsetzung unabhängig von Quervernetzergehalt der Polymerphase ist, die Sorption der jeweiligen Flüssigphasereaktanden dagegen stark abhängig vom Quervernetzergehalt ist und die Umsetzung limitiert. Mit Hilfe einfacher Meßverfahren und geringer Substanzmengen können beide Effekte jedoch getrennt voneinander untersucht und beschrieben werden und somit innerhalb kurzer Zeit detaillierte Aussagen zur Mikrokinetik der entsprechenden Reaktion gewonnen werden. Der Vergleich der Ergebnisse zum reinen Ionenaustausch und zur polymerphasenunterstützten Umsetzung von Zimtaldehyd zeigt, dass bei beiden Vorgängen der Quervernetzergehalt der Polymerphase den entscheidenden Parameter darstellt. Es hat sich gezeigt, dass ein möglichst niedriger Quervernetzergehalt aufgrund des Quellungsvermögens positiv für hohe Reaktionsgeschwindigkeiten und Umsätze ist. Allerdings kann der Quervernetzergehalt nicht beliebig niedrig gewählt werden, da damit eine zu große Quellung und ein Blockieren der freien Kanäle des Trägermaterials einhergeht. Aus allen gewonnen Ergebnissen kann daher gefolgert werden, dass ein Quervernetzergehalt von 5 % DVB ein Optimum bezüglich mechanischer Stabilität der Reaktoren und hohen Reaktionsgeschwindigkeiten und Umsätzen darstellt. Die entwickelten Polymer/Träger-Reaktoren stellen einen innovativen Beitrag zur Weiterentwicklung polymerphasenunterstützter Synthesen im mmol-Maßstab dar. Mit Hilfe der aus diesem Projekt gewonnen Ergebnisse ist die Einstellung definierter Beladungs- und Reaktionszyklen möglich, was eine automatisierte und nahezu aufarbeitungsfreie Betriebsweise der Reaktoren im chemischen Labor erlaubt. Dies stellt eine zeit- und arbeitssparende Alternative zu dem bisherigen Einsatz handelsüblicher Harze im Labor dar.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Kunz, U., Schönfeld, H., Kirschning, A., Solodenko, W.: "Polymer/carrier composites as materials and reactors for organic synthesis", Journal of Chromatography A 1006 (2003), 241 - 249
- Schönfeld H., Hunger K., Cecilia R., Kunz U.: "Enhanced mass transfer using a novel polymer/carrier microreactor", Chemical Engineering Journal 101 (2004), 455 - 463
- Schönfeld, H., Cecilia, R., Kunz, U.: "Reaktionstechnische Untersuchungen und kinetische Modellierung monolithischer Mikroreaktoren mit neuartigen Polymer/Träger-Festphasenreaktanden", Chemie Ingenieur Technik 75 (2003), 1345 ¿ 1351