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Eine situierte Mediengeologie. Die Kolonialität der Kupfermine in Tsumeb.

Antragstellerin Noam Gramlich
Fachliche Zuordnung Theater- und Medienwissenschaften
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 537658132
 
Die medienwissenschaftliche Dissertation „Eine situierte Mediengeologie. Die Kolonialität der Kupfermine in Tsumeb“ widmet sich der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte der Mine in Tsumeb, Namibia. Die interdisziplinäre Arbeit nutzt postkoloniale und feministische Methoden, um die in der Narration von Medien oft unerzählte Geschichte von ökologischen, sozialen und ökonomischen Disruptionen sichtbar zu machen. Anschließend an Forschung zu Infrastrukturen, Rohstoffen und Geologie von elektrischen Medien wird argumentiert (vgl. Parikka 2015), dass in den Metaphern von Raumüberwindung, Ortlosigkeit und Immaterialität zu denken, abhängig von der Situierung der jeweiligen Diskursproduktion ist (vgl. Haraway 1988; Tsing 2015; Mignolo 2012). Ich ergänze deswegen medienwissenschaftliche Perspektiven auf Materialität um eine postkoloniale Herangehensweise und stelle die Beziehung zu Rassifizierung, Vergeschlechtlichung und Kolonialität in den Fokus. Das Fallbeispiel ist die Kupfermine in Tsumeb, die während der deutschen Kolonisierung des heutigen Namibias von San, Damara und Aawambo enteignet wurde. Vor dem Hintergrund der Auslassungen im Kolonialarchiv handelt es sich bei dem erarbeiteten Material um teilnehmende Beobachtung, Interviews, künstlerische Arbeiten, Fotografien, Archivmaterial sowie umweltwissenschaftliche Berichte. Im ersten Kapitel wird, ausgehend von der Annahme eines bis heute präsenten extraktivistischen Blicks (vgl. Azoulay 2019), die Fotografie als zentral für die kulturelle Herstellung von Rohstoffen untersucht. Das zweite Kapitel widmet sich Rassismus-Theorien und Umwelt-Fragen im Hinblick auf Landschaften des (ehemaligen) Kupferbergbaus in Tsumeb. Die Basis des dritten Kapitels sind oral-history-Interviews mit Aawambo-Schmieden, anhand von denen indigen-afrikanische Kupferökonomie auch als antikoloniale Ökonomie erkennbar wird. Die in den drei Kapiteln verfolgte These ist, dass es sich bei „Rohstoffen“ um eine koloniale Kategorie handelt, die erst mit der Kolonisierung des afrikanischen Kontinents in den Sprachgebrauch überging. „Rohstoffe“ werden außerdem nicht nur als ökonomische Einheiten begriffen, sondern stehen auch für ein epistemisches Programm der Negation von Kolonialität. Damit afrikanischer Besitz als verfügbar, besitzlos, „roh“, und technologisch imaginiert zu könnte, waren mediale, fotografische und sprachliche Konstellationen notwendig, die bis heute anhalten.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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