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Anna Marinetti, Le Iscrizioni del santuario di Reitia a Este – Die Inschriften aus dem Reitia-Heiligtum von Este. Studien zu vor- und frühgeschichtlichen Heiligtümern, Bd. 11. Il santuario di Reitia a Este, Bd. 10.
Antragsteller
Professor Dr. Heinz-Werner Dämmer
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 537701165
Anna Marinetti stellt in diesem Band erstmalig sämtliche bekannten Schriftdokumente des Reitia-Heiligtums von Este zusammen, wobei für jede Inschrift die wichtigsten epigraphischen Daten angegeben werden und auf Einzelheiten sowie eine ausführliche Bibliographie verwiesen wird. Die Inschriften sind im Katalog nach der Art der Inschriftenträger gegliedert. In dem vorangestellten Kommentar wird ein allgemeiner Überblick über die Typen der Weihegaben mit Inschriften, die Widmungsformeln, die Art der alphabetischen Übungen, die Onomastik und die Theonomie gegeben. Über die linguistischen Aspekte hinaus werden die Inschriften aber auch in Hinblick auf die im Heiligtum praktizierte Religiosität wie in ihrem soziokulturellen Kontext gewürdigt. In den Widmungen finden sich männliche und weibliche onomastische Formeln und es fällt auf, dass ein nicht unbedeutender Teil der Eigennamen eine keltische Basis aufweist, was die in Este gut belegten Mobilitätsvorgänge widerspiegelt, die zur Integration von Personen keltischer Herkunft in das lokale Sozialgefüge geführt haben. Eine ganz besondere Stellung unter den Trägern der Inschriften nehmen die bronzenen Alphabetbleche ein, sie stellen einzigartige Funde dar, für die es weder in Etrurien noch in anderen Gebieten des antiken Italiens Vergleichbares gibt. Sie überliefern als bronzene Reproduktionen ein Instrument (Alphabettafeln), das im Unterricht verwendet wurde, um korrekt schreiben zu lernen. Es ist bekannt, dass die Heiligtümer die Rolle von Zentren für die Entwicklung der Schrift übernahmen; im Reitia-Heiligtum von Este gewinnt die Schrift aber einen besonderen Stellenwert, da sie sowohl Mittel als auch Gegenstand der Weihungen ist. Die Weihung von Schreibgeräten, auch in ihrem Inhalt, mit der präzisen Nachbildung der Übungen zum Schreibenlernen und den Buchstaben als Verzierungen auf den Votivstili bezeugen einen Kult, der mit der Lehre und dem Erlernen des Schreibens verbunden ist und den Kult durch das Schreiben selbst verwirklicht. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ergibt sich in der Zusammenschau von Theonym, Epitheton, Ortsname und einer möglichen Verbindung in der Funktion als polyadischer Typ zwischen der Göttin Reitia und den Gottheiten anderer venetischer Orte. Auf diese Weise wird ein wichtiges Fragment des ideologischen Systems der venetischen Religion wiedergewonnen, in dessen Rahmen einem bestimmten Ort eine Schutzgottheit zugeordnet war, von der sie ihren Namen ableitete. Die vorliegenden Quellen zeigen also kein gemeinsames Pantheon für ganz Venetien, sondern eher Kulte, die an einzelne Siedlungen und Territorien gebunden sind.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen