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Die Theologie der Befreiung weiterschreiben. Eine kritische Relecutre der befreiungstheologischen Hermeneutik Ignacio Ellacurías im Gespräch mit dem dekolonialen und postkolonialen Feminsmus

Antragsteller Dr. Jan Niklas Collet
Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung von 2023 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 537919092
 
Das Erkenntnisinteresse der Studie besteht in der Reflexion einer möglichen Gestalt befreiender Theologie in Europa auf der Höhe der gegenwärtigen theoretischen Auseinandersetzungen. Dabei wird an die ‚klassische‘ befreiungstheologische Hermeneutik des 20. Jahrhunderts angeknüpft. Die Problemkonstellation, die sich daraus ergibt, betrifft v.a. die Frage nach der Komplexität von Macht/Herrschaft/Unterdrückung und Widerstand/Befreiung. Dies umfasst sowohl den gesellschaftstheoretischen Analyserahmen, der in weiten Teilen der klassischen Befreiungstheologie von der Rezeption der (marxistischen) Dependenztheorien geprägt war, als auch das Modell kritischer Praxis, das von der Befreiungstheologie vertreten wurde. Um dem genannten Erkenntnisinteresse zu genügen, sind die Kritikpunkte an der Befreiungstheologie zu prüfen und ausgehend von dieser Prüfung entsprechende weiterführende Perspektiven zu entwickeln. Methodisch erfolgt dies durch einen komparativen Zugang, indem ein bestimmter Entwurf befreiungstheologischer Hermeneutik (Ignacio Ellacuría SJ) im Gespräch mit dem dekolonialen Feminismus (María Lugones) und dem postkolonialen Feminismus (Chandra T. Mohanty) einer kritischen Relecture unterzogen wird. Diese Prüfung zeigt, dass die Auffassung, die Theologie der Befreiung vertrete aufgrund ihrer Marxismusrezeption mit methodischer Zwangsläufigkeit ein unidirektionales Verständnis von Macht/Herrschaft/Unterdrückung, einerseits in dieser Pauschalität nicht zutreffend ist, in der materialen Ausarbeitung theologischer Topoi jedoch andererseits durchaus Anhaltspunkte in den befreiungstheologischen Texten selbst hat. Auf dieser Basis werden in einer abschließenden Reflexion auf eine mögliche Gestalt befreiender Theologie für den europäischen Kontext drei weiterführende Perspektiven entfaltet: Erstens lässt sich im Ausgang von der Anlage befreiungstheologischer Hermeneutik als trigonale Struktur, die Ellacuría vorschlägt, eine vielversprechende Perspektive für die Reflexion des geltungstheoretischen Status religiöser Überzeugungen in postsäkularen westlichen Gesellschaften entwickeln, die antifundamentalistische Motive für Trennung von (autonomer) Begründung und (religiöser) Deutung mit dekolonialen Motiven für die Relativierung dieser Trennung selbst verbindet. Zweitens legt sich für den gesellschaftstheoretischen Analyserahmen der Ansatz eines ‚dezentralisierten Materialismus‘ nahe, der verschiedene Formen von Macht/Herrschaft/Unterdrückung unterschiedet und vermittelt. Drittens sollte sich eine befreiende Theologie als eine Theologie in Bewegung verstehen und entsprechend ein besonderes Augenmerk auf die kritische Begleitung der Praxis von Christ*innen in verschiedenen Sozialen Bewegungen in ihrem intersektionalen Zusammenspiel legen.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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