Interdisziplinäre Untersuchung zum Problem der Gewalt in der tantrisch-buddhistischen Ethik in Tibet und China am Beispiel "zornvoller Aktivität"
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Forschungsprojekt leistet einen Beitrag zur Untersuchung von Dynamiken des Religionslransfers im Kulturvergleich von Zenlralasien nach Tibet und nach China zwischen dem 8. bis 11. Jahrhundert - veranschaulicht an der Verbreitung von doktrinären, mahayana-buddhistischen und ritualisierte Gewalt befürwortenden, tantrisch-buddhistischen Texten, in denen der Begriff „Nicht-Vorstellen" eine zentrale Rolle spielt. Ausgehend von der zentralasiatischen Oase Dunhuang werden Wege der Verbreitung solcher buddhistischen Lehrinhalte nach Tibet und nach China im Vergleich thematisiert. Dabei spielen als Hauptakteure buddhistische Meister aus Indien eine Rolle, die zu Zeiten staatlich geforderter Übersetzungsprojekte buddhistischer Schriften in Tibet (im 8. Jahrhundert) und in China (im 11. Jahrhundert) auf königliches bzw. kaiserliches Geheiß wirken und vor unterschiedlichen politischen Hintergründen eingesetzt werden. Während es in Tibet des. 8. Jahrhunderts darum geht, die aus Zentralasien übermittelte doktrinäre Vielfalt auf eine Hauptinterpretation hin einzunorden und eine authentische Lehrübermittlung zu gewährleisten, wird im songzeitlichen China des 11. Jahrhunderts versucht, den Buddhismus nach erneuter Reichseinigung als Identität stiftendes Element im Innern und als diplomatisches Mittel in der Außenpolitik einzusetzen. Die Untersuchung begünstigender und hemmender, religiöser sowie sozio-politischer Faktoren im Transfer unterschiedlicher buddhistischer Strömungen zeigt, wie im Falle Tibets sich authentische Lehrtraditionen fortsetzen, während sie im Falle Chinas abbrechen und schließlich losgelöst von einem übergeordneten Heilskonzept in populären Kulten zu profanen Zwecken eingesetzt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2006. "Between the Profane and the Sacred? On the Context of the Rite of "Liberation" (sgrol ba)". In: Buddhism and Violence, M. Zimmermann (Hrsg.), Lumbini: Lumbini International Research Institute, 97-128
Meinert. Carmen