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Dekoloniale Epistemologien? Wissen über Konfliktresolution und Versöhnung (ṣulḥ/muṣālaḥa) in Syrien und Jordanien

Antragstellerin Dr. Esther Meininghaus
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 538105787
 
Ziel dieses Projekts ist es, Grundlagenforschung zu Wissensformen über das Konzept von sulh/musâlaha („Konfliktlösung/Versöhnung") in Syrien und Jordanien durchzuführen, um ein wissenschaftliches Verständnis von Epistemologien oder Wissenstheorien im Nahen Osten mitzubegründen. Sulh/musâlaha stellen gesellschaftliche Prozesse zur Konfliktlösung dar, wobei in der Regel Gemeindeälteste als Vermittler fungieren, die in Fällen von bewaffneten und zivilen Konflikten in der Region Beweise sammeln, verhandeln, Rituale leiten und Urteile fällen. Ausgehend von einer dekolonialen Perspektive (Southern epistemologies) stellt dieses Projekt die Hypothese auf, dass Wissen über sulh/musâlaha durch Erfahrungen politischer, d. h. kolonialer und autokratischer Unterdrückung geprägt wurde und die Dekonstruktion solch repressiver Einflüsse es uns erlaubt, Wissensverständnisse zu identifizieren, die eine so neu zu Tage tretende Nahostepistemologie erkennbar werden lassen. Der Vergleich zwischen Nordjordanien und Südsyrien dient hierbei der Theoriebildung: Beide Gebiete wurden durch koloniale Grenzziehungen im Jahr 1920 formell voneinander getrennt, wohingegen die Bevölkerungen auf beiden Seiten der Grenze durch verwandtschaftliche und Handelsbeziehungen miteinander verbunden geblieben sind. Die Hauptforschungsfrage dieses Projekts lautet: Inwiefern hat politische Unterdrückung Wissensverständnisse und den Wissenserwerb über Konfliktlösung/Versöhnung als Konzept (sulh/musâla) in Südsyrien und Nordjordanien zwischen der Kolonialzeit und heute geprägt? Dieses Projekt verfolgt drei Hauptziele: 1) zu analysieren, wie Wissensformen und Wissenserwerb im Fall von sulh/musâlaha während der Kolonialzeit verstanden worden sind; 2) zu verstehen, wie sich solches Wissen danach in Zeiten unterschiedlicher Formen politischer Unterdrückung durch die ba'thistische Diktatur in Syrien vs. die haschimitische Monarchie verändert hat; und 3) systematisch zu vergleichen, ob und wie sich Wissensformen und Wissenserwerb über sulh/musâlaha Prozesse seit dem Beginn des Syrienkriegs 2011 auf beiden Seiten der Grenze verändert haben. Methodisch stützt sich das Projekt auf Archivrecherchen und Ethnografien. Diese umfassen im Rahmen der jeweils zehnmonatigen Feldforschung der Antragstellerin und einer Doktorandin informelle Gespräche und Interviews, Kartierungen semantischer Felder und biografische Zeichnungen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Australien, Jordanien, Niederlande, USA
 
 

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