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Der „Petersburger Text“: eine russische Konzeptualisierung „kultureller Identität“ und ihre Rezeption in Deutschland.

Antragsteller Dr. Yury Lileev
Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 538299748
 
Spricht man von „kultureller Identität“ und „kulturellem Gedächtnis“ im Rahmen der Auseinandersetzung mit den deutsch-russischen Kulturkontakten, so erscheint V. Toporovs Konzept des „Petersburger Textes“ als besonders produktiv. Unter diesem Begriff – entstanden in der Tartu-Moskauer Schule der Semiotik um Jurij Lotman – wird die semantische Einheit der fiktionalen Texte der russischen Literatur, die geistig und thematisch mit dem St. Petersburger Raum verbunden sind, verstanden. Das Thema bietet ein breites transkulturelles Potential und kann auf unterschiedlichen Ebenen unter dem Aspekt der Verflechtung von kulturellen Inhalten betrachtet werden. Das vorliegende Projekt setzt sich zum Ziel, nicht nur erstmals die deutsche Rezeption des Petersburger Textes detailliert darzustellen, sondern auch die Problematik dieses Konzeptes als einen wesentlichen Bestandteil der russischen kulturellen Identität im europäischen Kontext grundlegend zu untersuchen: durch welche Vermittlungsprozesse konstituierte sich die Vorstellung von St. Petersburg im deutschen Kulturgedächtnis? Welche äußeren Rahmenbedingungen wirkten darauf, dass bestimmte Elemente in der Rezeption des Stadtbildes aktiviert, reaktiviert oder umkombiniert wurden? Unter dem deutschen Petersburg-Diskurs wäre die Gesamtheit aller Texte der deutschen Kultur zu verstehen, die auf diese oder jene Art die Gestalt von St. Petersburg im kulturellen Gedächtnis der Deutschen prägten und sich im Speicher des fremdkulturellen Gedächtnisses ablagerten. Wie wird dieses semiotische Angebot im deutschsprachigen Kulturraum angenommen und realisiert? Und weiter: Wird auch die Doppelung des russischen Petersburg-Diskurses, gespalten in eine panegyrisch-positive und eine kulturphilosophisch-kritische Komponente, im deutschsprachigen Kulturraum aufgenommen und dort gegebenenfalls neu funktionalisiert? Viele vorhandene Beispiele zeigen die Unterschiedlichkeit eigen- und fremdkultureller Textzugangsweisen. Dahinter steht eine Differenz eigen- und fremdkultureller Lektüren all jener Texte, die sich mit dem Petersburg-Diskurs auseinandersetzen. Dabei geht es im Projekt nicht darum, vermeintliche Textmissverständnisse auf deutscher Seite aufzuklären, sondern um die Analyse der Transformations- und Nostrifizierungsprozesse, die die russischen Texte im deutschsprachigen Kulturraum erfuhren. Als weitere Perspektiven des Forschungsprojektes sollten folgende genannt werden: - die Festlegung des Textkorpus: sowohl literarische Texte als auch Sachtexte, die zu unterschiedlichen Zeiten die Vorstellung des deutschen Lesers über St. Petersburg prägten - die Revision des semiotischen Konzeptes „Petersburger Text“ im Hinblick auf seine Rezeption in der deutschen Literaturwissenschaft. Methodisch stützt sich das Projekt vor allem auf Ansätze der Kulturtransferforschung, sowie der Narratologie und der Diskursforschung.
DFG-Verfahren WBP Stelle
 
 

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