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Franz Kafkas Oktavhefte. Ein Schreibprozess als "System des Teilbaues"
Antragstellerin
Dr. Annette Schütterle
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung von 2002 bis 2003
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5386754
Im Winter 1916/17 hat Franz Kafka Oktavhefte für sein Schreiben verwendet: Diese kleinen Schulhefte hat er an seinem "exterritorialen Schreibort" in der Alchimistengasse auf dem Prager Hradschin randlos gefüllt. Die Oktavhefte stehen in einem inneren Zusammenhang: weil sie eine der produktivsten Schaffensphasen Kafkas darstellen, weil sie in dieser Phase ausschließlicher Ort für Niederschriften aller Art waren, weil sie auf struktureller und inhaltlicher Ebene ein Textgeflecht bilden. Gegenstand der Lektüre sind nicht die bekannten zu Lebzeiten oder posthum gedruckten Texte, sondern die handschriftlichen Manuskripte - die Oktavhefte als Schreibraum. Die nur dort bezeugten Spuren eines komplexen Schreibprozesses werden untersucht im Hinblick auf Schreibstrategien und die Erzeugung von Kohärenzmustern. Wie Kafka eine begrenzte Anzahl von Themen immer wieder umgeschrieben und variiert hat, gibt Aufschluss über seine Arbeitsweise. Methodisch-theoretischer Hintergrund bildet eine kritische Auseinandersetzung mit der in Frankreich entstandenen Critique génétique, die Manuskripte textgenetisch analysiert. Die textgenetische Lesbarkeit von Schreibprozessen ist eng verknüpft mit der editorischen Darbietung von Texten. Deshalb werden im letzten Teil der Arbeit verschiedene Leserperspektiven und Editionskonzepte miteinander verglichen: die des Autors als erstem Leser, die Max Brods als erstem Editor und "Geburtshelfer" des Autors und schließlich die unterschiedlichen Ansätze der Kritischen Kafka-Ausgabe und der Frankfurter Kafka-Ausgabe.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen