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Ein Brückenschlag zwischen Biologie und Paläontologie – ein neuartiger kombinierter maschineller Lernansatz zur Artenabgrenzung

Antragsteller Dr. Thomas A. Neubauer
Fachliche Zuordnung Paläontologie
Bioinformatik und Theoretische Biologie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 538733775
 
Mehr als 250 Jahre nach der Definition der ersten Art durch Linnaeus herrscht immer noch Uneinigkeit darüber, wie Arten zu definieren und abzugrenzen sind. Diese Diskrepanz wird besonders deutlich, wenn man fossile und lebende Arten vergleicht, für die in der Regel unterschiedliche Typen und Informationsmengen zur Verfügung stehen, was im Laufe der Jahrhunderte zu einer Vielzahl unterschiedlicher Artkonzepte geführt hat. Um vergangene, gegenwärtige und prognostizierte Raten von Biodiversitäts-Turnover zu vergleichen, biogeografische Muster zu rekonstruieren und evolutionäre Prozesse realistisch abzuleiten, ist ein standardisiertes Artenklassifizierungssystem erforderlich, das Fossilien und lebende Taxa gleichermaßen berücksichtigt. Die jüngsten Entwicklungen im Bereich des maschinellen Lernens (ML) und der Bilderkennung bieten eine einzigartige Möglichkeit, fossile und rezente Arten in einem modernen analytischen Rahmen gemeinsam abzugrenzen. Wir werden einen neuen ML-Ansatz entwickeln, der Bilddaten für rezente Arten verwendet, für die Artgrenzen auf der Grundlage molekularer Daten festgelegt wurden, um eine standardisierte und einheitliche Artabgrenzung verwandter fossiler Arten zu ermöglichen. Wir werden Siamese Convolutional Neural Networks verwenden, die relativ wenige Bilder benötigen, um Ähnlichkeiten zu erlernen, und die ohne erneutes Training auf unmarkierte Daten angewendet werden können und sogar mit unbekannten Klassen umgehen können. Als Modellgruppe werden wir Süßwassergastropoden der Familie Viviparidae verwenden, wobei die rezenten und fossilen Zielgruppen eine vergleichbare, hohe morphologische Plastizität aufweisen, die in der Vergangenheit zu taxonomischer Verwirrung geführt hat. Darüber hinaus werden wir i) den Wert eines ML-basierten Artabgrenzungssystems im Vergleich zur traditionellen Taxonomie bewerten, indem wir unabhängige Abgrenzungen durch Taxonomen durchführen, ii) die Grenzen des Artabgrenzungssystems im Hinblick auf verschiedene Arten und Grade der fossilen Erhaltung testen, iii) den Detailgrad bewerten, der für eine zuverlässige Abgrenzung fossiler Arten erforderlich ist, indem wir das System mit Bildern unterschiedlicher Qualität, einschließlich einfacher Zeichnungen aus der Literatur, füttern, und schließlich iv) die neu abgeleiteten Artgrenzen anwenden, um genaue Biodiversitätsmuster zu rekonstruieren und Diversifizierungsprozesse für die fossile Artengruppe abzuschätzen. Unser neuer, auf maschinellem Lernen beruhender Ansatz wird über verschiedene taxonomische Gruppen hinweg anwendbar sein und einen wichtigen Ausgangspunkt für die Vergleichbarkeit von Arten über Raum und Zeit hinweg bilden. Ein standardisiertes System zur Abgrenzung von Arten, das auf ausgestorbene und lebende Arten anwendbar ist, ist unerlässlich, um den Verlauf von Turnover-Events und Biodiversitätskrisen über geologische Zeiträume zu vergleichen und schließlich realistischere Aussichten auf die Biodiversitätskrise im Anthropozän zu geben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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