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Die Reproduktion von Religion in säkularen Gesellschaften (RelSec)

Antragstellerin Dr. Carmen Becker
Fachliche Zuordnung Religionswissenschaft und Judaistik
Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 538777917
 
In säkularen Gesellschaften, in denen das Bekenntnis zu religiösen Glaubenssystemen abnimmt und die institutionelle Mitgliedschaft zurückgeht, ist Religion nicht mehr der primäre Bezugspunkt. Dennoch sind die Kategorie „Religion“ und einzelne Religionen weiterhin zentral für die Differenzierung von Menschen (z. B. im Diversity Management, in Diskursen über Migration und Integration), genießen in administrativen und rechtlichen Kontexten oft einen Sonderstatus (z. B. Religionsfreiheit), ordnen das epistemische Feld (z. B. Religionswissenschaft und Theologie als eigenständige akademische Disziplinen) und bleiben integraler Bestandteil der Produktion kollektiver Geschichte in Form von Kulturerbe. Religion ist keine eigenständige Kategorie, sondern entfaltet ihre Bedeutung und Macht im Zusammenhang mit anderen Kategorien, die seit dem 18. Jahrhundert die Welt formen. Sie ist eine Differenzkategorie in Bezug auf das Nicht-Religiöse (z. B. religiös vs. säkular) und eine Klassifikationskategorie, die einzelne, abgegrenzte Religionen (z. B. Islam, Hinduismus, Alevitentum und Christentum) unter der Kategorie "Religion" versammelt. Dies wirft die Frage nach dem Fortbestehen von Religion als wichtige Kategorie der Weltgestaltung und damit als Teil des relevanten Wissensbestands in westlich säkularen Gesellschaften auf. Die Forschungsgruppe untersucht, wie Religion als Differenzierungs- und Klassifizierungskategorie in säkularen Gesellschaften in vier wichtigen sozialen und institutionellen Arenen kontinuierlich reproduziert wird: (1) Institutionen der Sekundärsozialisation, (2) staatlich-administrativen Cluster, (3) Kulturerbe und (4) akademischen Feld. Jeder dieser Bereiche wird als zentral für die (Re-)Produktion von Wissen über die Welt auf gesellschaftlicher Ebene angesehen. In jedem Bereich wird eine ethnografische Fallstudie durchgeführt, um zu untersuchen, wie Religion in säkularen Gesellschaften immer wieder aktualisiert und in das soziale Gefüge eingeschrieben wird. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Praktiken, Diskursen und Materialitäten, die in Differenzierungsregimen miteinander verwoben sind und durch welche die Kategorie Religion externalisiert, objektiviert und internalisiert wird. Die vier ethnographischen Fallstudien sind epistemologisch und methodologisch durch drei Theorie-/Methodenpakete geprägt: (1) Situationsanalyse, (2) Wissenssoziologische Diskursanalyse (SKAD) und (3) Dispositivanalyse. Die ethnographischen Fallstudien zeigen, wie säkulare Gesellschaften Religion als Schlüsselkonzept für die Weltgestaltung reproduzieren. Dabei wird das Konzept „Differenzierungsregime“ zu einem heuristischen Programm weiterentwickelt, das in der künftigen Forschung verwendet werden kann. Zusätzlich entwickelt die Gruppe freie und offene Bildungsmaterialien (OER) zu diesem Thema, um die Ergebnisse mit Bildungseinrichtungen (z. B. Schulen und Hochschulen) zu teilen.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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