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Mensch-Wolf-Beziehungen in der alpinen Kulturlandschaft. Transaktionen, Intraaktionen und Resonanzen: Eine mehr-als-menschliche Geographie des Verbundenseins
Antragstellerin
Verena Schröder
Fachliche Zuordnung
Humangeographie
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 539086673
Wölfe kehren in die Kulturlandschaft zurück und lösen in den betroffenen Regionen dynamische Veränderungen aus. Das öffentliche Interesse an der Rückkehr dieser Wildtiere ist daher groß, wobei die emotional geführten Debatten meist einer anthropozentrischen Perspektive verhaftet bleiben, in der die Sichtweisen und die Lebenswelten der Wölfe ausgeblendet werden und die Verhältnisse zwischen Mensch und Wolf entfremdet sind. Die vorliegende Dissertation (Abschluss mit der Höchstnote summa cum laude) dagegen folgt einem nichtdualistischen Anspruch und setzt die Leiblichkeit – also das Erlebte und Gespürte – als verbindendes Element zwischen Lebewesen zentral. Dazu greift sie in theoretischer Hinsicht auf den klassischen Pragmatismus von John Dewey, den agentiellen Realismus von Karen Barad sowie auf die Resonanztheorie von Hartmut Rosa zurück und verbindet und kontrastiert die Ansätze miteinander. Am empirischen Beispiel des Schweizer Calandas, ein von Almwirtschaft geprägtes Gebiet, in dem sich im Jahr 2012 erstmals wieder ein Wolfsrudel etablierte, können so neue Einsichten in die leibliche Verbundenheit und Kommunikation zwischen Menschen und Wölfen, in den Zusammenhang zwischen Weltverhältnis und Wolfsakzeptanz sowie in die Konstitution von Grenzziehungen und von Unverhältnismäßigkeiten in der Wolfsdebatte gewährt werden. Indem die Arbeit den Fokus auf körperlich-leibliche sowie viszerale und insofern schwergreifbare Elemente im Kontext der Wolfsrückkehr legt, wird der Konflikt um die rückkehrenden Wildtiere neu verstehbar gemacht. Zugleich bietet das Manuskript mit neuentwickelten Methoden wie der tierzentrierten Geschichtenerzählung oder der empathisch-multi sensorischen Feldbegehung und Beobachtung neue Einblicke in die empirische Erforschung mehr-als-menschlicher Beziehungsverhältnisse und zeigt durch die Entwicklung eines Wissenschaftscomics ebenso im Hinblick auf die Darstellung mehr-als-sprachlicher Erkenntnisse neue Wege auf. Da die Arbeit sowohl in konzeptioneller und method(olog)ischer als auch in wissenschaftskommunikativer Hinsicht Lücken schließt, neue und nichtdualistische Perspektiven auf Mensch-Tier-Verhältnisse anbietet und damit für eine breite Leser:innenschaft von Interesse sein wird, ziele ich auf eine Open-Access-Veröffentlichung ab. Denn von dieser Publikationsform erwarte ich mir eine größere Sichtbarkeit sowie eine damit verbundene Erweiterung des öffentlich sehr einseitig geführten Wolfsdiskurses. Gleichzeitig darf durch eine entsprechende Veröffentlichung von einer breiteren Rezeption meines Entwurfes einer mehr-als-menschlichen Geographie des Verbundenseins ausgegangen werden. Diese stellt ein verändertes und auf Verbindung basiertes Miteinander von Tieren und Menschen in Aussicht und erkennt in der Unbestimmtheit und Unverfügbarkeit von Wölfen wichtige Ressourcen, aus denen Menschen Lebendigkeit und Selbstwirksamkeit erfahren können.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen