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Untersuchung des Wärmekeil-Effekts und Entwicklung der Wärmeleiter-Technik bei einkristalliner Erstarrung von Turbinenschaufeln

Fachliche Zuordnung Mechanische Eigenschaften von metallischen Werkstoffen und ihre mikrostrukturellen Ursachen
Förderung Förderung von 2003 bis 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5394306
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Entwicklung der Triebwerks- und Kraftwerkstechnik werden immer größere und kompliziertere Einkristallturbinenschaufeln benötigt. Trotz erheblicher Anstrengungen auf Seiten der Gießereitechnik steigt die Wahrscheinlichkeit für Gießdefekte mit der Komplexität und Abmessung der Turbinenschaufeln deutlich an. Neben prozess- und legierungstechnischen Ursachen weisen die Gießdefekte eine starke Geometrieabhängigkeit auf. Die Fehlkornbildung tritt häufig im Bereich abrupter Geometrieänderung, wie z.B. im Deckbandbereich, auf. Verantwortlich dafür sind u.a. isolierte, unterkühlte Schmelzbereiche, die infolge einer makroskopischen Krümmung der Liquidus-Isotherme entstehen und die Bildung von fehlorientierten Körnern bewirken. In der vorgelegten Arbeit wird eine neuartige Wärmeleiter(WL)-Technik entwickelt, um die lokale thermische Bedingung effektiv zu verbessern und eine gelenkte Einkristallerstarrung zu erzielen. Der Wärmeleiter wird in der Formschale in den kritischen Bereich des Deckbandes eingesetzt, um die Wärme aus diesem kritischen Bereich schnell abzuführen. Das Einkristallwachstum im Schaufelblatt kann sich schnell im Deckband ausbreiten, bevor Fehlkörner an der Deckbandaußenkante infolge der tiefen und langen Unterkühlung gebildet werden. Als Material für den Wärmeleiter wird Graphit ausgewählt, aufgrund seiner ausgezeichneten Wärmeleitfähigkeit, niedrigen Wärmekapazität und hohen Emissionskoeffizienten. Als Alternative wird ein weiteres bekanntes Wärmeleitermaterial SiC erprobt. Es wird ein modifiziertes Verfahren zur Herstellung der entsprechenden Formschalen entwickelt, um die Wärmeleiter in die Formschalen einzubauen. Es wurden sowohl einfache Stab-Geometrien als auch reale Turbinenschaufeln mit Deckbänden untersucht. Die Temperaturentwicklung und der Erstarrungsvorgang wurden unter Nutzung der numerischen Erstarrungssimulation systematisch erfasst und analysiert. Mittels der Erstarrungssimulation werden die unterkühlungsgefährdeten Bauteilbereiche lokalisiert und die Wirkung des Wärmeleiters dargestellt. Der Wärmeleiter kann die Liquidus-Isothermen-Krümmung deutlich verflachen und folglich die Gefahr der Fehlkornbildung wesentlich verringern. Dies wurde durch nachfolgende Experimente bestätigt. Die Abgussexperimente wurden mit einem Vakuum-Bridgman-Ofen durchgeführt. Nach dem Evakuieren und Aufheizen des Ofenraums wurde die Superlegierung in einem kippbaren Tiegel erschmolzen und in die vorgeheizte Formschale eingegossen. Nachfolgend wurde die heiße Formschale mit einer definierten Geschwindigkeit durch das Baffle in die Kühlzone abgesenkt. Nach dem Erstarrungsbeginn an der Kühlkokille wächst das kolumnare Gefüge in eine Helix, so dass sich nur ein einziges Korn durchsetzt, das den gesamten Formhohlraum ausfüllen soll. Aus den gemessenen Abkühlkurven wurden der lokale Unterkühlungsgrad ΔTM und die Unterkühlungsdauer ΔtM an der Deckbandaußenkante ausgewertet. Die Liquidus-Isothermen- Krümmung im Deckbandbereich wurde zu einem bestimmten Zeitpunkt rekonstruiert. Durch den WL-Einsatz wurde der Unterkühlungsgrad ΔTM von 45 auf 26 °C (Stabgeometrie) bzw. von 29 auf 18 °C (Schaufelgeometrie) reduziert. Die entsprechende Unterkühlungsdauer ΔtM verkürzte sich dabei ebenfalls erheblich. Die Liquidus- Isothermen-Krümmung wird durch den WL-Einsatz wesentlich verflacht. Dies bewirkt eine deutliche Reduktion der Gefahr für die Fehlkornbildung im Deckbandbereich der gegossenen Gussstücke. Die Gussgefügeauswertung bestätigt die Vorhersage der Computersimulation und der Temperaturmessung. Durch den WL-Einsatz wird die Gussqualität deutlich verbessert. Für die Stabgeometrie wird die Fehlkornrate der zur Mittelsäule zugewandten Seite fast halbiert. An der dem Heizer zugewandten Seite kann sogar ein fehlerfreies Gefüge erzielt werden. Für die Schaufelgeometrie, die eigentlich eine Fehlkornrate von 62.5% besitzt, wird die Fehlkornbildung durch den WL-Einsatz komplett vermieden. Zusammenfassend wurde in dieser Arbeit festgestellt, dass die Wärmeleiter-Technik eine innovative Methode zur wirkungsvollen Verminderung der Fehlkornbildung darstellt. In der Zukunft soll diese Technik an großen Schaufeln angewendet werden, wobei die Querschnittsaufweitung sehr groß und die Einkristallerstarrung besonders schwer ist. Die WL-Technik bietet in einzigartiger Weise die Möglichkeit, geometrieabhängige Gießdefekte erfolgreich zu vermindern.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "Form und Verfahren zur gießtechnischen Herstellung eines Gussstücks". Deutsches Patent- und Markenamt, DE 102007014744 A1, 2008.10.02
    Dexin Ma, Andreas Bührig-Polaczek
 
 

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