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'...mes taules d’ivoire entailliés' – Profane Elfenbeine des Spätmittelalters
Antragstellerin
Dr. Svea Janzen
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 539459892
Im 13.–14. Jhdt. bewirken neue Handelsrouten aus Westafrika eine Blüte der französischen Elfenbeinschnitzerei. Neben sakralen Werken sind ca. 800 profane Objekte erhalten, darunter reliefverzierte Kästchen, Spiegel und Kämme mit höfisch amourösen Motiven. Obgleich in keinem anderen Medium mittelalterlich-europäischer Kunst ein derart umfangreiches Korpus an Profanwerken existiert, sind diese Elfenbeine kaum beforscht. Das Projekt versteht den singulären Bestand als Schlüssel zum Verständnis der materiellen Kultur spätmittelalterlicher Eliten und zur kritischen Prüfung des Attributs „profan“. Es verfolgt fünf Ziele: 1. Es wird erforscht, weshalb gerade im Medium Elfenbein zahlreiche Objekte profanen Gebrauchs und Dekors entstanden. Dazu werden in zeitlich und kulturell breitem Rahmen die Materialikonologie seit der Antike sowie Bezüge zu Elfenbeinen aus Byzanz und dem islamischen Raum untersucht. Die These ist, dass Elfenbein seit jeher als besonders sinnlich wahrgenommen wurde und in Frankreich im 13. Jhdt. auf ein passendes Thema traf: die zuvor in Texten verhandelte höfische Liebe. Als hautähnlich und zugleich rein geltend war Elfenbein optimal geeignet, diese in Form kleinformatiger Luxusobjekte zu materialisieren. 2. Die Objekte werden aus der Perspektive einer longue durée nach ihrer Funktion befragt. Während bisherige Forschungen nur den Motiven auf profanen Elfenbeinen gelten, wird hier deren Reiz erstmals anhand des Zusammenspiels von Material, Objekt und Dekor erklärt. 3. Durch Quellenstudien werden neue Kenntnisse über die Rezipient/-innen profaner Elfenbeine gewonnen. Entgegen bisherigen Annahmen zählten darunter nicht nur adelige Frauen, sondern auch Männer und zunehmend urbane Kreise. 4. Quantitative Auswertungen von Datierungen und Objektmaßen werden zeigen, dass der Markt für Elfenbeine sich im 14. Jhdt. ausdifferenziert: Objekte unterschiedlichen Materialwerts zielen auf verschiedene Käuferschichten, wodurch städtische Eliten an der ursprünglich höfischen Elfenbein-Mode partizipieren können. 5. Die Definition des Begriffs „profan“ für die Kunst des Mittelalters wird problematisiert und erstmals geformt. Während die Forschung die Profanität eines Gegenstandes meist von dessen Dekor ableitet, wird hier die Funktion des Objekts als bestimmend erachtet. Das Ineinandergreifen der Sphären des als „sakral“ oder „profan“ Geltenden wird analysiert. Die Untersuchung der profanen Elfenbeine und ihrer Entstehungsbedingungen zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis vormoderner Luxuskultur zu eröffnen und sowohl die Tragfähigkeit der Begriffe als auch Grenzziehungen zwischen dem sogenannten „Sakralen“ und „Profanen“ neu zu diskutieren. Unter Rückgriff auf ein methodisches Repertoire, das von Quellenstudium über Stilkritik zu statistischen Erhebungen reicht, und durch das Zusammenlesen von Material, Objekt und Dekor wird ein inhaltlich-methodischer Beitrag zur Kunstgeschichte des Mittelalters sowie den material und object studies geleistet.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen