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KIN-KOOPERATIONEN: Illegale Kooperation und Verwandtschaftsdynamiken - Eine anthropologische Analyse der al-Rāšidīya in Deutschland

Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Kriminologie
Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 539646035
 
KIN-COOPERATIONS bietet einen anthropologischen Ansatz zur Untersuchung der sogenannten „Clan-Kriminalität“ in Deutschland. Es hinterfragt kritisch die vorherrschende Wahrnehmung des Begriffs „Clan“ (Arabisch: ʿašīra, Pl. ʿašā’ir) – ein Terminus, der sowohl im deutschen Strafverfolgungskontext als auch in der breiten öffentlichen Diskussion oft Bilder abgeschotteter, kriminalitätsfokussierter homogener Gruppen hervorruft. Mein Projekt plädiert jedoch für ein differenzierteres Verständnis und sieht ʿašīra als soziale Einheiten, geprägt durch gemeinsame Merkmale wie Ethnizität, gemeinsame historische Erzählungen und familiäre Interessen sowie durch eine konstruierte Verwandtschaft, die Verbindungen jenseits starrer Hierarchien oder genealogischer Verknüpfungen ermöglicht. Im Zentrum dieses Projekts steht die anthropologische Untersuchung einer Verwandtschaftsgruppe in Deutschland, die sich auf eine Herkunft aus al-Rāšidīya (Türkisch: Üçkavak), einem Dorf in der türkischen Provinz Mardin, in dem ein arabischer Dialekt gesprochen wird, beruft. Dieses Dorf ist der Ursprungsort für viele mit der sogenannten „Clan-Kriminalität“ in Verbindung stehende Familien und Einzelpersonen. Das Projekt verfolgt einen zweigleisigen Ansatz. Zum einen konzentriert es sich darauf, die komplexen Beziehungen, Autoritätsstrukturen und Kooperationsformen innerhalb der Gemeinschaft von al-Rāšidīya zu verstehen. Hier untersucht es die bestehenden komplexen Verwandtschaftsmuster innerhalb der Gemeinschaft und vertieft sich in die normativen Aspekte dieser Beziehungen. Es untersucht, wie sie mit anderen Systemen wie dem staatlichen Recht und allgemeineren gesellschaftlichen Normen interagieren. Zum anderen richtet es den Blick auf Aktivitäten, die von den deutschen Behörden als illegal erachtet werden, und zielt darauf ab, eine differenzierte, empirische Erklärung dieser Handlungen im Kontext transnationaler Verwandtschaftspraktiken und -normen zu liefern. Entgegen der vorherrschenden Annahme, dass sogenannte „Clan-Kriminalität“ hierarchisch organisiert sei, argumentiere ich, dass sie in erster Linie dezentralisiert ist. Aktivitäten wie Drogenhandel und Steuerhinterziehung finden entweder autonom oder innerhalb kleiner, locker verbundener Gruppen statt. In diesem Projekt bezeichne ich diese Verbindungen als „illegale Kooperation“ innerhalb spezifischer Untergruppen der Verwandtschaft. Mein Projekt kombiniert New Kinship Studies (NKS) und Anthropology of Crime and Criminalization (ACC). NKS betrachtet Verwandtschaft jenseits biologischer Verbindungen und berücksichtigt gesellschaftliche Veränderungen und sich entwickelnde Praktiken, insbesondere in Migrantengemeinschaften. ACC setzt „illegale Aktivitäten“ in einen breiteren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext und geht über reine rechtliche Perspektiven hinaus. Gemeinsam ermöglichen sie einen tieferen Einblick in die Komplexitäten der Illegalität in ihrem umfassenden soziokulturellen Kontext.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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