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Dynamik, Impulseffekte und dunkle Zustände in wellenlängenabhängigen fotochemischen Reaktionen

Antragsteller Dr. Werner Fuß
Fachliche Zuordnung Physikalische Chemie von Molekülen, Flüssigkeiten und Grenzflächen, Biophysikalische Chemie
Förderung Förderung von 2003 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5396467
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit den 1950er Jahren wendet man in der Fotochemie die Kasha-Regel an, die besagt, dass fotochemische Reaktionen gewöhnlich vom niedrigsten angeregten Zustand (S1) starten. Die Vorstellung war, dass die Moleküle von den höher angeregten Zuständen (Sn) schneller in den S1 übergehen (relaxieren) als von Sn aus reagieren. Man kennt jedoch eine Reihe von Wellenlängenabhängigkeiten (zum Beispiel bei Olefinen und Metallcarbonylen), die dieser Regel zu widersprechen scheinen. Die moderne Fotochemie betrachtet die Prozesse nach der Anregung als Bewegung eines Wellenpackets (oder der Bevölkerung) entlang den Potenzialflächen. Diese Flächen stellen die elektronische Energie der jeweiligen Zustände als Funktion der Kernkoordinaten dar. Sie können einander schneiden; dort ist der bevorzugte Übergang von einem Zustand zum anderen, und dort können auch Wegverzweigungen auftreten, etwa zurück zum Edukt und zu einem oder mehreren Produkten. Die Relaxation ist also nicht vertikal (im Gegensatz zur früheren Vorstellung), sondern mit Strukturänderungen des Moleküls verbunden und kann unterwegs sogar die Richtung ändern (etwa nach einer C=C-Streckung erst eine -Verdrillung). Wegen Impulserhaltung kann dabei ein Gedächtnis dafür bestehen, aus welcher Richtung das Wellenpacket gekommen ist. So kann eine Wellenlängenabhängigkeit zu Stande kommen, obwohl alle Wege über S1 führen. Das ist eine Neuinterpretation der Kasha-Regel, die auch scheinbare Ausnahmen erklärt. Im vorliegenden Projekt wurde bei einigen Molekülen der Weg des Wellenpackets bis herunter in der Grundzustand des Produkts oder Edukts verfolgt. Bei Ethylen wurde u.a. gezeigt, dass die Wege aus dem pp*- und dem ersten Rydberg-Zustand tatsächlich auf der S1-Fläche zusammen laufen und dass die Verzweigung (cis-trans-Isomerisierung gegenüber Carbenbildung) erst beim Verlassen von S1 stattfindet. Bei Cr(CO)6 laufen die Wege erst im S1 des Dissoziationsprodukts zusammen. Bei der Ringöffnung von Cyclobutenen führt ein Impulseffekt (die C=C-Verdrillung direkt nach der Anregung) dazu, dass neben dem normalen ("erlaubten") Kanal auch ein Kanal erreicht wird, der den sonst so erfolgreichen Woodward-Hoffmann-Regeln widerspricht. Beide Kanäle laufen über S1-Minima, die auch von den zugehörigen Dienen erreicht werden. Damit sind diese spektakulären Abweichungen von der Regel erklärt und vorhersehbar. Im Experiment wurden die Moleküle mit 10fs-UV-Pulse verschiedener Wellenlängen (345- 162 nm) angeregt und mit variabler Zeitverzögerung abgefragt durch Ionisation mit 10fs- Pulsen bei 800 nm. Entscheidend wichtig war die hohe Zeitauflösung. Dazu haben wir eine einfache, robuste und flexible Quelle von kurzen UV-Pulsen entwickelt, die auf nichtlinearen Effekten (Selbstfokussierung, daneben auch Frequenz-Verdreifachung und -Verfünffachung) in Gasen beruht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Appl. Phys. B 85 (2006) 1
    S.A. Trushin, W. Fuß, K. Kosma, W.E. Schmid
  • In: B. Batani, M. Lontano (Ed.), Proc. of the Superstrong Fields in Plasmas,, 2006, (American Institute of Physics Vol. AIP Conference Proc. 827:), p. 320
    E.E. Fill, S.A. Trushin, R. Tommasini, R. Bruch
  • New J. Phys. 8 (2006) 177/1
    N. Aközbek, S.A. Trushin, A. Baltuška, W. Fuß, E. Goulielmakis, K. Kosma, F. Krausz, S. Panja, M. Uiberacker, W.E. Schmid, A. Becker, M. Scalora, M. Bloemer
  • In: T. E. Simos, G. Maroulis (Ed.), Proc. of the International Conference on Computational Methods in Science and Engineering, Corfu (Greece) 2007, (American Institute of Physics Vol. 963_2A), p. 627
    W. Fuß
  • Opt. Lett. 32 (2007) 2432
    S.A. Trushin, K. Kosma, W. Fuß, W.E. Schmid
  • SPIE Proc. 6733 (2007) 67332W/1
    S.A. Trushin, K. Kosma, W. Fuß, W.E. Schmid
  • Chem. Phys. 347 (2008) 309
    S.A. Trushin, K. Kosma, W. Fuß, W.E. Schmid
  • J. Mod. Opt. 55 (2008) 2141
    K. Kosma, S.A. Trushin, W. Fuß, W.E. Schmid
  • J. Phys. Chem. A 112 (2008) 7514
    K. Kosma, S.A. Trushin, W. Fuß, W.E. Schmid
  • Nature Photonics 2 (2008) 315
    M. Centurion, P. Reckenthäler, S.A. Trushin, F. Krausz, E.E. Fill
  • Opt. Lett. 33 (2008) 723
    K. Kosma, S.A. Trushin, W.E. Schmid, W. Fuß
  • Chem. Phys. Lett. (2009) 9
    S.A. Trushin, W.E. Schmid, W. Fuß
  • Phys. Chem. Chem. Phys. 11 (2009) 172
    K. Kosma, S.A. Trushin, W. Fuß, W.E. Schmid
 
 

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