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Die diatomeengestützte Warvenmikrofazies - ein quantitativer integraler Ausdruck von natürlichen Klimaschwankungen und anthropogenem Einfluss

Antragstellerin Dr. Ulrike Kienel
Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2002 bis 2006
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5398384
 
Erstellungsjahr 2006

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die jahreszeitlich geschichtete Sedimentation im Holzmaar (Eifel) bietet die Möglichkeit anhand von Mikrogefuge und Inventar der saisonalen Lagen (Warvenmikrofazies - WMF) und ihrer Kombination in Jahreslagen (Warven) die Entwicklung des Sees in höchster zeitlicher Auflösung am Dünnschliff zu untersuchen. Die Abfolge der Warven begründet eine exakte Chronologie, wonach die Sequenz die Periode AD 1393 - 1942 umfasst. Der Zeit - Teufenbezug ermöglicht die zeitlich exakte Zurordnung von (i) Elementverteilung AI, Ca, Fe, K, Mn, Si, Ti (im 500 um Abstand - uXRF scanning2), (ii) organischer- und Isotopengeochemie (TC, TN, TOC, 513C3), (üi) rekonstruierter Phosphorkonzentration (diatomeengestutzte Transferfunktion), (iv) regionalen historischen Daten und instrumenteilen bzw. rekonstruierten Klimaund Wetterdaten. Die statistische Analyse der WMF-Daten (Ordination und Clusteranalyse) ergibt eine Klassifizierung der Jahreslagen in vier Stadien von See und Einzugsgebiet. Stadium l (1650 - 1700,1735 - 1775) und Stadium 2 (Übergänge zu den Sonnenfleckenminima: Maunderminimum MM 1645 - 1715 und Daltonminimum DM 1795 - 1825) zeigen den Einfluss kühleren Klimas in Form von langanhaltender Frühjahrszirkulation, in den Herbst verschobenen Diatomeenblüten und dem Vorkommen nordisch-alpiner Diatomeen. Stadiums (1795- 1815, 1825- 1885) und Stadium 4 (nach 1850) zeigen deutlich anthropogene Einflüsse mit verstärktem Erosions- bzw. Nährstoffeintrag. Drei Depositionsphasen im Holzmaar werden abgeleitet aus den Hauptkomponenten der Elementverteilung und der organischen- und Isotopengeochemie: 1607 - 1705 ohne erkennbaren Einfluss des Menschen (A), 1705 - 1870 mit erhöhtem Erosionseintrag in vier Intervallen (Bi - B4) durch Aktivitäten des Menschen (B) und vorwiegend anthropogen nach 1870 mit nur geringem Erosionseintrag und zunehmender Nährstoffkonzentration (C). Erosionsindikatoren während der Phase B sind Zunahmen: des Anteils detritischer Elemente (AI, K, Ti), des TOC Fluxes, der Turbidithäufigkeit4 und der Detrituslagenmächtigkeit der Warven. Vier ausgeprägte Eintragsintervalle sind verstärkt durch Waldstreunutzung und Waldweide: BI (1705-1715) - Beginn der Abholzung, Aufschwung der Eifeler Eisenindustrie B2 (1730-1765) - Seespiegelschwankungen, mehrfache Rekonstruktion und Zerstörung eines Dammes B3 (1795- 1835) - Erosionsmaximum folgt Höhepunkt der Eisenproduktion und Ödlandbildung 1794 B4(1850- 1870)-Erosionseintrag durch Waldstreunutzung bis 1870, danach Waldrenaturierung Maxima von Warvenmächtigkeit und TOC Flux resultieren aus Konstruktionsarbeiten im Seeeinzugsgebiet (Eisenbahn, 1909 und Flugplatz, 1939). Diatomeenfloren mit höheren Nährstoff- und Temperaturansprüchen zeigen nach 1850 den Nährstoffeintrag in den See durch die Nutzung von Natur- und Kunstdünger (bis zu 45 (ig/l Phosphor) und den Beginn des modernen Maximums. Das Produktivitätsmaximum des Sees fuhrt zur Sauerstoffarmut am Boden. Klimavariabilität spiegelt sich in den gekoppelten Licht- und Temperaturansprüchen der Diatomeen wider. Der jährliche Diatomeenblütenanteil folgt genau der Sonnenfleckengrurjpermumrner RG und der rekonstruierten solaren Strahlung während der Phasen A und B. Ausgeprägte Diatomeenminima charakterisieren MM und DM. Veränderte Algenfloren nach erhöhtem Nährstoffeintrag begründen die Entkopplung nach 1850 ist. Die positive Kopplung von 613C Werten und Diatomeenblüten ist während der Eintragsintervalle BI und B3 unterbrochen, während derer die 513C Signatur des Sediments durch den hohen Anteil terrestrischer Organik beeinflusst ist. Nach 1855, (geringer Erosionseimrag), sind die hohen 513C Werte durch die Dominanz anderer Algengruppen ohne fossile Reste begründet Die auf saisonalem Niveau fehlende Übereinstimmung möglicher Klünasignale für eine Testperiode (1899- 1942) und eine Validierungsperiode (1856- 1898) lässteine Kalibration für die durch die Klimadaten abgedeckte Periode (1856 -2003) nicht zu. Als Ursache kommt der anthropogene Nährstoffeintrag in Betracht. Im zehnjährig-gleitenden Mittel jedoch ergab sich eine Kopplung der Sedimentation mit rekonstruiertem Frühjanrsniederschlag (Materialeintrag) und rekonstruierten April- und Julitemperaturen (Beginn der Kieselalgenblüte und sommerliche Temperaturschichtung). Turbidite können deutlich nach (terrestrisch / subaquatisch) unterschieden werden. Die Korngröße korreliert mit Turbiditmächtigkeit und Transportenergie. Die Turbiditverteilung in der jahreszeitlichen Sedimentation unterliegt im Holzmaar einem klimamodulierten Zufallsprozess. Das Vorliegen von Schwellenwerten (z.B. Dauer der Niederschlagsereignisse) weist auf nichtlineare Abläufe hin.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Kienel, U., 2003. Den Kalender einer Seegeschichte unter das Mikroskop genommen. Mikrokosmos, 92, 321-329.

  • Kienel, U., Kumke, T., 2002. Combining ordination techniques and geostatistics to determine the patterns of diatom distributions at Lake Lama (Central Siberia). Journal of Paleolimnology, 28, 181-194.

  • Kienel, U., Schwab, M., Schettler, G., 2005. Distinguishing climatic from direct anthropogenic influences during the past 400 years in varved sediments from Lake Holzmaar (Eifel, Germany). Journal of Paleolimnology, 33, 327-347.

  • KIHZ-Consortium:, Zinke, J., von Storch, H., Müller, B., Zorita, E., Rein, B., Mieding, B., Miller, H., Lücke, A., Schleser, G.H., Schwab, M., Negendank, J.F.W., Kienel, U., Gonzalez-Rouco, J.F., Dullo, C, Eisenhauer, A., 2004. Evidence for the climate during the Late Maunder Minimum from proxy data available within KIHZ. In: Fischer, H., Kumke, T., Lohmann, G., Flöser, G., Miller, H., von Storch, H., Negendank, J.F.W. (Eds.), The climate in historical times - Towards a synthesis of Holocene proxy data and climate models. Springer Verlag, Berlin, pp. 383-397.

  • Kumke, T,, Hense, A., Schölzel, C., Andreev, A.A., Brüchmann, C., Gebhardt, C., Helle, G., Kienel, U., Kühl, N., Neumann, F., Schleser, G., 2004. Transfer functions for paleoclimate reconstructions - applications. In: Fischer, H., Kumke, T., Lohmann, G., Flöser, G., Miller, H., von Storch, H., Negendank, J.F.W. (Eds.), The climate in historical times - Towards a synthesis of Holocene proxy data and climate models. Springer Verlag, Berlin, pp. 245-262.

  • Kumke, T., Kienel, U., Weckström, J., Korhola, A., Hubberten, H.-W., 2004. Inferred Holocene palaeotemperatures from diatoms at Lake Lama, Central Siberia. Arctic, Antarctic, and Alpine Research, 36, 626-636.

  • Kumke, T., Schoonderwaldt, A., Kienel, U., 2005. Spatial variability of sedimentological properties in a large Siberian lake. Aquatic Science, 67, 86-96.

 
 

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