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Entwicklung eines viskoplastischen schädigungsmechanischen Werkstoffgesetzes für Lotwerkstoffe in Mikroelektronik

Fachliche Zuordnung Metallurgische, thermische und thermomechanische Behandlung von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2003 bis 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5398597
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Forschungsvorhabens war die kontinuumsmechanische Modellierung bleifreier Lotwerkstoffe aus Zinn-Silber-Kupfer-Legierungen, die entsprechend europäischer Richtlinien seit dem 01.07.2006 in mikroelektronischen Erzeugnissen verwendet werden müssen. Hierbei standen einerseits die Beschreibung des viskoplastischen Materialverhaltens der Lotwerkstoffe und andererseits die Beschreibung der Degradation des Lotes infolge betrieblicher Belastung im Mittelpunkt. Aus diesem Grunde wurde eine Form des viskoplastische Materialgesetzes von J.L. Chaboche mit zwei Back-Stress-Antellen mit dynamischen und statischen Erholungstermen ausgearbeitet und als Materialroutine UMAT in das Programmpaket ABAQUS implementiert. Auf der Grundlage dieser Arbeiten und Softwareentwicklung gelang es, die wesentlichen bei Loten beobachtet Materialphänomene wie Kriechen, Relaxation und Ratensensitivität unter Verwendung eines vereinheitlichten fortschrittlichen Materialgesetzes im Rahmen von FE-Rechnungen für thermomechanische Strukturanalysen verfügbar zu machen. Dies stellt eine deutliche Verbesserung der Materialmodellierung dar, welche zum Zeitpunkt der Antragstellung fast ausschließlich in Form kombinierter Ansätze aus ratenunabhängiger Plastizität und stationären Kriechgesetzen umgesetzt wurde. Die Degradation der Lote, welche mikrostrukturell durch Porenbildung und Porenwachstum abläuft, wurde durch eine Erweiterung des viskoplastischen Materialgesetzes mit dem Porenschädigungsgesetzes von A.C.F. Cocks quantitativ modelliert. Um auch die Bildung neuer Poren berücksichtigen zu können, wurde außerdem ein Ansatz der Porennukleation nach Chu/Needleman einbezogen. Diese Erweiterung liegt ebenfalls als Materialroutine für ABAQUS vor. Zum Zeltpunkt der Antragstellung wurde die Lebensdauer von Lotverbindung hauptsächlich über nachgeschaltete Schadensakkumulationshypothesen beurteilt. Mit der vorliegenden Materialroutine, die die Schädigungsentwicklung mit berücksichtigt, ist nun eine direkte Simulation des Versagens möglich und kann für Lebensdauerbewertungen eingesetzt werden. Um die Materialparameter für einen bleifreien Lotwerkstoff zu bestimmen, wurden Apparate für spezielle miniaturisierte Scher- und Zugversuche entwickelt, mit denen verschiedene Experimente bei unterschiedlichen Temperaturniveaus durchgeführt werden können. Diese Versuchsergebnisse bilden die Basis für die Identifikation der im implementierten Materialgesetz vorhandenen Materialparameter. Zur Parameteridentifikation wurde eine Evolutionsstrategie entwickelt, welche sowohl zur Identifikation der Parameter des ungeschädigten Chaboche-Modells als auch zur Bestimmung der Schädigungsparameter verwendet werden kann. Für den Lotwerkstoff Sn96Ag3Cu1 wurden verschiedene Scher- und Zugversuche durchgeführt, auf deren Grundlage bei den Temperaturniveaus 35, 65 und 95 °C je ein kompletter Parametersatz identifiziert wurde. Somit konnte auch eine entsprechende Temperaturabhängigkeit der Materialparameter für das untersuchte Lot abgeleitet und implementiert werden. Damit können die für Lotwerkstoffe relevanten Materialphänomene wie Ratensensitivität der plastischen Verformung, Kriechen, Spannungsrelaxation und zyklische Entfestigung durch ein vereinheitlichtes Materialgesetz geschlossen beschrieben und versuchstechnisch ermittelt werden. Bei der Herstellung realer Lotverbindungen in mikroelektronischen Komponenten treten aufgrund unterschiedlicher Abkühlbedingungen (infolge Löttechnologie, Baugruppendesign) auch unterschiedliche Gefügezustände auf. Diese führen zu deutlichen Abweichungen im mechanischen Materialverhalten. Deshalb müssen in zukünftigen Forschungsarbeiten die thermodynamischen Vorgänge der Phasenbildung im Gefüge während des Abkühlprozesses und die damit verbundenen mechanischen Eigenschaften untersucht und simuliert werden. Als Folge zunehmender Miniaturisierung in der Mikroelektronik erhöhen sich auch in den Lotverbindungen die Stromdichten, was zur Degradation des Lotwerkstoffs Infolge von Elektromigration führt. Der damit verbundene Materialtransport müsste in zukünftigen Arbeiten als spannungsinduzierter Diffusionsprozess berücksichtigt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Experimentelle und numerische Untersuchungen zum Versagen bleifreier Lotwerkstoffe, 37. DVM-Tagung AK Bruchvorgänge, Hamburg, S. 301-310. 2005
    Wippler, S., Kullig, E., Fredersdorf, K., Miranda, R., Kuna, M.
  • Experimental and numerical investigation on the reliability of leadfree solders. Proceedings Euromech-Mecamat, Local Approach to Fracture, Moret-sur-Loing, Ed. J. Besson, S. 317-322, 2006
    S. Wippler, M. Kuna
  • Numerical integration and FEM-implementation of a viscoplastic Chaboche model with statte recovery, Computational Mechanics 38(6), S. 491-503, 2006
    Kullig, E., Wippler, S.
  • Constitutive modelling of lead free solders, Proceedings 79th Annual Meeting of GAMM, Bremen, 2008
    S.Wippler, M. Kuna
  • Experimental and numerical investigation on the reliability of leadfree solders, Engineering Fracture Mechanics 75, S. 3534-3544, 2008
    S. Wippler, M. Kuna
  • Constitutive description of the damage process in leadfree solder alloys. Proceedings International Congress on Fracture ICF 12, Ottawa, 2009
    M. Kuna, S.Wippler
 
 

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