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Schwieriges Erkennen. Personenidentifizierung in der mittelhochdeutschen Epik

Antragsteller Professor Dr. Armin Schulz (†)
Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2003 bis 2006
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5398834
 
Die feudaladelige Gesellschaft des Mittelalters ist von einer "Kultur der Sichtbarkeit" geprägt, die sich auf eine Repräsentationslogik stützt: Im Idealfall spiegelt das sichtbare Äußere einer Person deren Inneres wider; der höfische Körper wird somit für die anderen durch semiotische Anstrengung "lesbar" und identifizierbar, wobei das Interesse der Wahrnehmung des anderen weniger den Zeichen physiognomischer Individualität als denjenigen typisierter Idealität gilt. Zwar erscheint dieses Modell in der volkssprachigen Epik fast durchgängig als unwidersprochene Norm, jedoch wird es zugleich in narrativen "Versuchsanordnungen" immer wieder subversiv unterlaufen und punktuell in Frage gestellt, indem das auf äußere Zeichen gestützte Erkennen und Wiedererkennen zum Problem wird (wie in diesem Zusammenhang auch überhaupt die Lesbarkeit von Zeichen prekär werden kann). Überdies finden sich in der höfischen Literatur, zumal in der Heldenepik, offensichtlich ältere Relikte einer "auratischen" Vorstellung vom adeligen Körper, dessen Exorbitanz ihn auch für diejenigen spontan identifizierbar macht, die ihn noch nie zuvor gesehen haben. Ein semiotisch-rationales Modell der Wahrnehmung und Identifikation des anderen steht somit einem der unmittelbaren Evidenz gegenüber. Wo immer die höfische Repräsentationslogik unterlaufen oder durch "auratische" Wahrnehmungsmodi perspektiviert wird, bildet "schwieriges Erkennen" eines der großen Themen der höfischen Epik, das je unterschiedlich nach Einzeltext und Gattung realisiert wird. Trotz der in den letzten Jahren verstärkt kulturwissenschaftlichen Orientierung der Germanistischen Mediävistik wurde dieser Gegenstand bislang noch nicht in größerem Rahmen systematisch behandelt. Die Untersuchung soll dies am Beispiel der Heldenepik und des Höfischen Romans (mit Ausblicken zum Prosaroman der Frühen Neuzeit) leisten. Die literarischen Inszenierungen der Wahrnehmung und Identifikation des anderen sollen zum einen systematisch im Hinblick auf eine Historische Anthropologie des Imaginären untersucht werden, zum anderen gattungs- und einzeltextbezogen hinsichtlich ihrer Funktion für den Bedeutungsaufbau der literarischen Werke.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
 
 

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