Aneignung von Vor-Bildern: Die Schaffung einer städtischen Ikonographie in der Augsburger Buchillustration zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit
Final Report Abstract
Das von der DFG geförderte Projekt „Die Stadt im Bild" hat die bisher in der Literatur zur Augsburger Buchmalerei als Solitäre behandelten Handschriften der Stadtchronik und des Alexanderromans in einer engen Verflechtung und gegenseitigen Abhängigkeit zusammengeführt und deren Verbindungen erkennbar aufgezeigt. Bildthemen wie auch Einzelformulierungen sind in den Illustrationen des Alexanderromans und der Stadtchronik so übernommen worden, dass sie nur als programmatisch gedeutet werden können. Trotz ihrer gänzlich andersartigen Struktur und Ausrichtung ihrer Texte müssen Stadtchronik und Alexanderroman demselben Ziel einer städtischen Selbstrepräsentation gedient haben. Beide Zyklen rekurrieren auf Bildformeln, die bereits in Augsburg verbreitet waren und anscheinend als wieder erkennbar und typisch augsburgisch gelten durften. Zitate aus der lokalen Wandmalerei, aber auch aus anderen Gattungen werden so gezielt eingesetzt, dass sie als Identifikationsangebot gedient haben müssen. Die Illustratoren waren mit den Wandmalern vertraut und arbeiteten nicht, wie bis anhin angenommen, getrennt von dem klösterlichen Skriptorium, sondern standen mit diesem in einem engen gegenseitigen Austausch. Kloster, Illustratoren und Stadtbürger bildeten somit einen gemeinsamen Zirkel, in dem an dem „Image" Augsburgs gearbeitet wurde. In diesem Milieu, in dem Sigismund Gossembrot eine wichtige Rolle spielte, zirkulierten Bildfindungen, die abgewandelt, verbessert und wieder verwendet wurden. Nicht allein genuin „Augsburgisches" jedoch wurde hierbei ausgetauscht und durch Wiederholung entsprechend konnotiert, sondern auch antike Motive und italienische Bildwerke wurden verbreitet. Pisanellos Medaillen waren diesem Humanistenkreis längst vor Celtis und Peutinger vertraut, die bisher als die Urheber des Interesses an diesen Arbeiten galten. In Hektor Mülichs Alexanderroman werden Pisanellos Arbeiten so souverän zitiert und abgewandelt, dass sie bereits zum Motivrepertoire gehören. Obwohl Stadtchronik und Alexanderroman dasselbe Ziel, wiedererkennbare, augsburgisch konnotierte städtische Bildformeln zu entwickeln, verfolgen, grenzen sie sich zugleich durch unterschiedliche Gestaltungsnormen voneinander ab. Während im Alexanderroman meist höfische Bildformeln vorherrschen, die auch im Druck beibehalten werden, versucht sich die Stadtchronik im Gegenteil gerade hiervon zu lösen. Zwar werden etwa auch in der Stadtchronik höfische Tugendideale aufgegriffen, hier aber in einem städtischen Kontext interpretiert. Im Alexanderroman jedoch herrschen diese Fürstentugenden vor und müssen gleichsam im Subtext der Bilder - etwa im Ambiente oder den Akteuren - als Kommentare zu ebenso städtischen Herrschaftstugenden gelesen werden. Die Stadtchronik entwickelt denn auch eine städtische Anliegen und Themen wesentlich stärker unterstützende Bildrhetorik, die sich von der höfischen absetzt und städtische Werte aussagekräftig fokussiert.
Publications
- Pisanellorezeption in Augsburg - Zur Kompilation einzelner Motive in Rektor Mülichs Alexander-Abschrift (Cgm 581). In: Mitteilungen des Instituts für Europäische Kunstgeschichte der Universität Augsburg 16 (2006), S. 9-51
Pataki, Zita Agota