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Vergleichende Analyse von Behausungen des Späten Jungpaläolithikums und des Mesolithikums in Nord-, Mittel- und Westeuropa

Antragsteller Dr. Stefan Wenzel
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2003 bis 2006
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5404172
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Für Wohnbauten aus dem Spätglazial und aus dem Holozän, bei denen keine Konstruktionselemente erhalten sind, die sich aber als klar begrenzte Fundkonzentrationen abzeichnen, wurde zusammen mit Kollegen ein Katalog von Kriterien für das Vorhandensein von Behausungen erarbeitet. Ein deutlicher Abfall der Fundmenge am Rand einer Artefaktkonzentration kann ein Hinweis auf eine Behausung sein, wenn auch noch andere Indizien die Annahme einer Begrenzung stützen. Besonders aussagekräftig sind auf den Rand der Fundkonzentration bezogene Zusammensetzungslinien und Werkzeuge, oder auch das Vorkommen bestimmter Objekte genau außerhalb der Fundkonzentration. Indem man übliche Analyseschritte für die Untersuchung steinzeitlichen Siedlungsstrukturen kombiniert und graphisch zusammenführt, kann man deren Aussagen in Hinblick auf Unregelmäßigkeiten in der Fundverteilung gegeneinander abgleichen. Dadurch kann man auch Wohnplätzen gerecht werden, deren Fundaufkommen man nicht sinnvoll mit der verbreiteten Methode untersuchen kann, die Funde in ringförmige Zonen und in Sektoren zu erfassen, weil sie nicht rund sind und weil ihrer geringen Größe wegen die Fundmenge im Inneren nicht in optimaler Weise gegliedert ist. Sechs Fundkonzentrationen wurden im Rahmen dieser Arbeit untersucht. Für drei von ihnen ließ sich aufgrund einer Kombination von Indizien, die sich aus der Fundverteilung ergaben, der Behausungscharakter aufzeigen bzw. die Grundfläche besser erfassen. Die Zelte von Orp Ost (Magdalenien, ca. 13000 v. Chr.), Rekem 10 und Berlin-Tegel IX (Federmessergruppen, ca. 11500 v. Chr.) hatten einen sechseckigen Grundriß (14 m2) bzw. trapezförmige Grundflächen (18 m2 u. 15 m2). Diese Zelte sind deutlich kleiner als die evidenten, durch große randliche Beschwersteine markierten Trapezzelte des Magdal£nien und der frühen Rückenspitzengruppen (25 m2 Fläche) und die noch viel größeren Bauten des Magdalenien mit polygonalen Grundriß (35-40 m2 Fläche). Das Vorhandensein eines zentralen Feuerstellenkomplexes mit Nebenfeuerstelle, Gruben und Mulden teilt Orp Ost mit einigen der sehr großen Magdalenienzelten. Zelte mit trapezförmigem Grundriß und mit in Grundzügen gleichbleibender Inneneinteilung finden sich auch noch im Mesolithikum, wo aber auch Bauten mit rundem und schließlich auch mit rechteckigem Grundriß von bis zu 24 m2 Fläche belegt sind. Während die Zelte mit trapezförmigem Grundriß als Hinweis auf mögliche Traditionen im Wohnbau gewertet werden können, ist gleichzeitig die große Vielfalt nebeneinander bestehender Formen von Behausungen nicht zu übersehen. Die Fundkonzentrationen von Cepoy (Magdalenien) und von Geldrop 3-2 (Ahrensbuger Kultur oder Frühmesolithikum) gehen auf Lagerplätze unter freiem Himmel zurück. Hartmannsdorf 26- 1 (Mesolithikum) weist nur abschnittsweise Merkmale einer Begrenzung am Rand auf, so daß offen bleiben muß, ob diese Fundkonzentration ein Dach und Wände hatte. Alle untersuchten Fundkonzentrationen und der Großteil der aufgeführten Vergleichsfundplätze haben eine zentrale Feuerstelle, um die herum aufgrund von Werkzeugen und von Abfällen meist zwei Arbeitsbereiche erkannt werden können, in denen sich jeweils die Nachweise unterschiedlicher Tätigkeiten addieren. Diese Arbeitsbereiche ergänzen einander eher als daß sie sich völlig wiederholen und jeweils nur einer von ihnen führt besonders reichliche Abfälle der Herstellung von Jagdwaffen. Es nahe liegt, sie mit zwei Hauptakteuren in Verbindung zu bringen und die betreffenden Fundkonzentrationen als Überreste des Aufenthaltes jeweils einer Kernfamilie zu interpretieren. Nur in den Großzelten des Magdaienien und in einigen größeren Behausungen des Mesolithikums gibt es mehrere Feuerstellen um die herum sich in Grundzügen gleichartige Kombinationen von Arbeitsbereichen wiederholen, so daß bei diesen Bauten die Anwesenheit von zwei Familien wahrscheinlich ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Latent dwelling structures in the Final Palaeolithic: Niederbieber IV, Andernach-Martinsberg 3, Berlin-Tegel IX. Notae Praehistoricae 24, 69- 79.
    Gelhausen, F., Kegler, J.F. & Wenzel, St.
  • Hütten oder Himmel? Latente Behausungsstrukturen im Spätpaläolithikum Mitteleuropas. Jahrb. RGZM 51, 1-22.
    Gelhausen, F., Kegler, J.F. & Wenzel, St.
  • Latente Behausungsstrukturen im Spätpaläolithikum: Niederbieber l & IV, Andernach-Martinsberg 3, Berlin-Tegel IX. Die Kunde, NF 56, 11-30.
    Gelhausen, F., Kegler, J.F. & Wenzel, St.
  • Orp East: indications for a dwelling. Notae Praehistoricae 25, 83-90.
    Wenzel, St.
  • Behausungen im Späten Jungpaläolithikum und im Mesolithikum in Nord-, Mittel- und Westeuropa. Monographien des RGZM, Bd. 81. 2009, Mainz.
    Wenzel, St.
 
 

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