Systematische Untersuchungen zur Xenobiotika- und Huminstoff induzierten Genexpression im Nematoden Caenorhabditis elegans
Final Report Abstract
Die Erfassung der sowohl durch Xenobiotika als auch Naturstoffe induzierten Expression spezifischer Gene eines Organismus trägt ein beachtliches Potenzial für die Entwicklung qualitativ neuer ökotoxikologischer Testsysteme. Mit dem Nematoden Caenorhabditis elegans wurde dabei ein für ökologische und ökotoxikologische Untersuchungen bewährter Testorganismus eingesetzt, dessen Genom vollständig entschlüsselt ist. In diesem dreistufigen Projekt zur systematischen Untersuchungen der PCB52- bzw. Huminstoff induzierten Genexpression im Nematoden C. elegans wurden zu Beginn des Projektes Toxizitätstest durchge-führt. Während PCB52 eine klare Konzentrations-Effekt Beziehung im Reproduktionstest aufzeigte, erwiesen sich sowohl ein natürliches Huminstoffisolat, gewonnen aus dem nordbrandenburgischen See "Fuchskuhle", sowie die huminstoffähnliche synthetische Substanz HS1500 als praktisch ungiftig für den Nematoden. In den anschließenden gesamtgenomischen DNA Array Experimenten zur Bestimmung der differentiellen Genexpression wurde im Falle von PCB52 1158/560, für HS1500 554/685 und für den Huminstoff Fuchskuhle 240/350 Gene identifiziert, welche signifikant induziert/reprimiert wurden. Unter den durch PCB52 signifikant überexprimierten Genen konnten mehrere funktionelle Klassen als statistisch überrepräsentiert identifiziert werden, wie Oxydativer Metabolismus (CYP, SDR), Esterasen/Lipa-se/Thioesterasen und Lipid bindende Proteine, Nukleare Hormonrezeptoren, Chemorezeptoren sowie allgemeine Stressgene (HSP, Caspasen). Die herunter regulierten Gene konnten größtenteils allgemeinen physiologischen Stoffwechselprozessen und der Organellbiosynthese zugerechnet werden, offensichtlich müssen so die induzierten Prozesse wieder kompensiert werden. Damit konnte erstmalig für ein PCB eine gesamtgenomische Antwort eines Organismus aufgenommen werden, welcher dabei einen tiefen Einblick in seinen physiologischen Zustand Preis gibt. Zur Validierung der funktionellen Relevanz wurden insgesamt 79 selektierten Gene mittels RNA Interfe-renz (RNAi) abgeschaltet und geprüft, ob dies zu einem Funktionsverlust in Schadstoffanwesenheit führt. So konnte für drei Chemorezeptoren gezeigt werden, dass ihre Abwesenheit C. elegans die Fähigkeit nimmt, Huminstoffe gustatorisch als Attraktionsmittel wahrzunehmen. Die RNAi-Genabschaltung der Cytochrom P450 CYP-35A Gruppe bzw. von CYP-14A3 ergab erstaunlicherweise eine partielle Aufhe-bung der PCB52 bewirkten Toxizität, welches sich durch eine wieder verstärkte Reproduktion aufzeigte. Erstmalig konnten an diesem Beispiel detaillierte RNAi Effizienz- und Crossreaktivitätsuntersuchungen für eine Genunterfamilie demonstriert werden. Die Abschaltung einer Glutathion S-Transferase (GST-30) als auch von zwei SDR Genen (DHS-2 und DHS-23) führte dagegen zu einer PCB52-Hypersensitivität der Nematoden. Im Rahmen weiterer charakterisierender Arbeiten zur CYP35A Gruppe konnten für CYP-35A2 und 35A5 durch Promotor-Deletionsanalysen der Bereich cis-aktiver Elemente auf wenige hundert Basenpaare eingegrenzt werden. Neben dem 35A2 Promotor dirigieren auch die entsprechenden 35A3-5 Formen GFP Fusionen ausschließlich in den Darm, dem offensichtlichen Organ im dem die 35A Formen exprimiert werden. Mit Hilfe des Konstruktes CYP35A3 Promotor::GFP konnte zusätzlich ein transgener Nemato-denstamm generiert werden, der sich ausgezeichnet zum schnellen Biomonitoring von PCB/PAK Schadstofffen eignet. Hier ergibt sich eine angestrebte Anwendungsmöglichkeit dieses Projektes. Weiterhin konnte aufgedeckt werden, dass CYP-35A2-5 essentiell an der Einlagerung von Fettkörperchen im Darm der Nematoden beteiligt sind, und dass dieser Prozess durch PCB52 genauso induziert wird wie die Genexpression der CYP-35A Gene. Im Rahmen eines genomweiten RNAi Screenings konnte mit MDT-15 ein interessanter Kandidat gefunden werden, der an der Fettstoffwechselregulation und möglicherwei-se, zumindest zum Teil, auch an der Regulation von CYP-35A Formen beteiligt ist. Auch für die weiteren selektierten Genen DHS-23 und CYP-14A3 konnte der Darm als einziger bzw. Hauptexpressionsort auf-gezeigt werden, während GST-30 ausschließlich in pharyngealen Drüsenzellen gebildet wird, welche bekannt dafür sind, Verdauungsenzymen in das Lumen des Pharynx ausszuschütten. Das C. elegans tat-sächlich PCB52 aufnimmt und in einer typischen Cytochrom P450 Reaktion zu 3- bzw. 4-Hydroxy-PCB52 umsetzt, konnte durch GC/MS Untersuchungen gezeigt werden. Die Quantifizierung der induzierten Genexpression zeigte, dass signifikante Effekte bereits bei deutlich geringeren Konzentrationen auftraten als in den herkömmlichen Reproduktionstests, auch der entwickelte GFP Test zeigte eine signifikante und reproduzierbare Konzentrations-Effekt Abhängigkeit. Die verwendeten Untersuchungssysteme erwiesen sich damit als hochempfindliche und schnell einsetzbare Biomoni-tor-Test und bestätigten die hohe Nützlichkeit des Faktors der schadstoffinduzierten Genexpression als funktionaler Endpunkt in ökotoxikologischen Tests. Die Relevanz einer Reihe von identifizierten Genen konnte in einer Vielzahl nachgeschalteter Untersuchungen eindeutig erweisen werden.
Publications
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Steinberg, C.E.W., Kamara, S., Prokhotskaya, V.Yu., Manusadzianas, L., Karasyova, T., Timofeyev, M.A., Zhang, J., Paul, A., Meinelt, T., Farjalla, V.F., Matsuo, A.Y.O., Burnison, B.K., Menzel, R. (2006) Dis-solved humic substances - Ecological driving forces from the individual to the ecosystem level? Fresh-water Biology 51, 1189-1210.