Erweiterung der Wirkebenen-Festigkeitskriterien von Faser-Kunststoff-Verbunden auf Interaktionen benachbarter Schichten bei schwingender Beanspruchung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Trotz vielfältiger Forschungsbemühungen in der Vergangenheit ist es bisher nicht gelungen das Ermüdungsverhalten eines Mehrschichtenverbunds von der ersten Schädigung bis zu seinem finalen Versagen durch Faserbruch präzise vorherzusagen. Prinzipiell ist eine schichtenweise Festigkeitsanalyse jedoch auch für die Beschreibung von Ermüdungsverläufen geeignet, wenn entsprechende Basis-Zeitfestigkeitswerte eingesetzt werden. Eine Besonderheit muss jedoch beachtet werden: Bei Ermüdungsbeanspruchung ist die Interaktion benachbarter Schichten von größerer Bedeutung als im statischen Fall. Das vorliegende Forschungsvorhaben untersuchte die Interaktion von Zwischenfaserbrüchen (Zfb) einer Schicht auf die Faserbruchzeitfestigkeit der benachbarten Schicht. Hierzu gab es lediglich Empfehlungen in Form von pauschalen Abminderungsfaktoren [PUC96 und VDI2014]. Die durchgeführten Arbeiten liefern drei wesentliche Erkenntnisse für die Lebensdauerberechnung von Laminaten, die im Folgenden weiter erläutert werden: 1. Die schädigende Interaktion von Zfb auf das Faserbruchgeschehen der Nachbarschichten ist nicht vernachlässigbar. 2. Die Höhe der schädigenden Interaktion in Abhängigkeit von Beanspruchung und Faservolumenanteil wurde experimentell ermittelt. 3. Mit geeigneten Rissstopperschichten kann die schädigende Interaktion von Zfb- Rissen vollständig verhindert werden! Bestätigt sich die dritte Aussage für beliebige Laminataufbauten, ergeben sich zwei Vorteile, wenn Laminate mit Rissstopperschichten versehen werden: - Erstens wird die Ermüdungsfestigkeit deutlich gesteigert. - Zweitens vereinfacht sich die Berechnung, weil die schädigende Interaktion nicht berücksichtigt werden muss. Schädigende Interaktion (zu den Punkten 1. und 2.) Haupteinflussfaktoren sind der Differenzwinkel und der Faservolumenanteil. Die experimentellen Untersuchungen zum Einfluss des Differenzwinkels liefern das erwartete Ergebnis. Mit zunehmendem Differenzwinkel nimmt die schädigende Interaktion zu und erreicht bei 90° Winkeldifferenz ihr Maximum. Der Faservolumenanteil beeinflusst nicht nur erheblich die Schwingfestigkeit, sondern ist auch für die schädigende Interaktion der einflussreichste Parameter. Mit zunehmendem Faservolumenanteil wird die schädigende Interaktion gravierender. Bei einem Faservolumenanteil von 65 % wird die Lebensdauer auf einem Belastungsniveau allein aufgrund der Interaktion um 56 % reduziert. Bei niedrigeren Faservolumenanteilen (<60 %) hingegen ist die schädigende Interaktion von Zfb-Rissen erheblich geringer. Die Reduktion der Lebensdauer ist nicht nur vom Faservolumenanteil sondern auch von der Belastungshöhe abhängig. Reduktion der schädigenden Interaktion durch Rissstopperschichten (zu Punkt 3) Ein Lebensdauerverlust von über 50 % aufgrund der schädigenden Zfb-Interaktion ist so gravierend, dass konstruktive Gegenmaßnahmen untersucht wurden, mit denen die Interaktion reduziert oder idealer Weise ganz verhindert wird. Der untersuchte Ansatz besteht darin, eine geeignete Zusatzschicht zwischen die interagierenden Schichten einzubringen, mit dem Ziel, den Fortschritt der Zfb-Risse zu unterbinden, d.h. die Zusatzschicht wirkt als Rissstopperschicht. Diese sind verhältnismäßig einfach in die schichtenweise Fertigung von Laminaten zu integrieren. Über solche Rissstopperschichten war am Anfang dieser Forschungsarbeit wenig bekannt [GAR96 und RAU88]. Es wurde daher eine Vielzahl von in Frage kommenden Rissstopperschichten experimentell untersucht. Hierbei zeigt sich, dass dünne Polymervliese aus zähen Polymerfasern am besten geeignet sind, z. B. aus Polyester (PET) oder Polyacrylnitril (PAN). Folgende Ergebnisse wurden erarbeitet: 1. Rissstopperschichten aus Polyester- oder Polyacrylnitril-Vlies neutralisieren die schädigende Interaktion, d.h. die Kerbwirkung, vollständig. 2. Ein überraschender positiver Nebeneffekt war, dass die üblichen großflächigen Delaminationen zwischen den Schichten – ausgehend von Zfb-Rissen – durch eine Rissstopperschicht aus Polyacrylnitril-Vlies nahezu vollständig verhindert werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Analysis of the Interaction of Adjacent Layers of a GFRP-Laminate under Fatigue Loading, ICFC4 - Fourth International Conference on Fatigue of Composites, Kaiserslautern, 2007
-
(2010): Analysis of the interaction of adjacent layers of a GFRP-laminate under fatigue loading, International Journal of Fatigue, Vol. 32(1), pp. 54 - 59
Franke, O.; Schürmann, H.