Detailseite
Projekt Druckansicht

Soziologie

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2003 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5415690
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Forschungen zielten auf eine mehrdimensionale Analyse von Strukturen und Prozessen gesellschaftlicher Wissensproduktion. Über die Verknüpfung wissens-, risiko-, wirtschafts-, organisations- und arbeitssoziologischer Diskussionsstränge sollten forschungsleitende Begriffe bzw. Konzepte (weiter-)entwickelt und für die Beschreibung relevanter Phänomene genutzt werden. Heuristisch konzentrierten sich die Arbeiten auf ein Zusammenwirken der Theorie selbstreferentieller Systeme mit einer qualitativ ausgelegten empirischen Sozialforschung. Die Fragestellungen bezogen sich auf drei komplementäre Themenfelder: (1) Wissenspolitik und kollektives Lernen, (2) Wandel von Arbeit und Organisation in der Wissensökonomie, (3) Konzeptionelle Erweiterungen - Nichtwissen, Rationalität, Bildung .... Die Ergebnisse zum ersten Themenfeld tragen dazu bei, das Verhältnis einer rechtlichen Regulierung von Innovationen einerseits und Innovationen rechtlicher Regulierung andererseits in ihren Wechselwirkungen zu verstehen und auf Folgen hin zu bewerten. Mit Bezug auf neuere Entwicklungen im Bereich der Bankenregulierung (Basel II) konnte gezeigt werden, dass die Implementation eines mehr kognitiv orientierten Regulierungsansatzes (soziale Innovation) einerseits prozessuale und strukturelle Bedingungen für kollektive Lernprozesse im Umgang mit den Ambivalenzen und Risiken von Finanzinnovationen schafft. Andererseits verweisen die Forschungsergebnisse auf riskante Selbstfestlegungen und ambivalente Eintscheidungsfolgen von Organisationen, die sich beispielsweise in einer schwerwiegenden Verunsicherung vorhandener Entscheidungsprämissen von Aufsichtsbehörden zeigen. Die Arbeiten zum zweiten Themenfeld brachten zunächst Kriterien hervor, anhand derer sich das Phänomen Wissensarbeit erfassen und beschreiben lässt. Sichtbar wurde, dass Wissensarbeit durch eine Einstellung zu Nichtwissen gekennzeichnet ist, die dem Handlungstyp wissenschaftlicher Forschung entspricht und sich im Modus einer kreativen und interaktiven Verwertung von Nichtwissen vollzieht. Darüber hinaus wurden aktuelle Diagnosen zur Bedeutung globaler Expertise aufgegriffen und auf aktuelle Fragestellungen zu den Bedingungen und Effekten globaler Governancearchitekturen bezogen. Am Beispiel von Rating-Agenturen konnten Funktionen, Besonderheiten und Folgeprobleme einer epistemischen Autorität sowie einer kognitiv basierten Legitimität von Organisationen herausgearbeitet werden. Im Rahmen des dritten Themenbereichs wurden zunächst die Begriffe Nichtwissen und Rationalität behandelt, um die Möglichkeiten und Folgen ‚rationalen’ Entscheidens unter den Bedingungen einer progressiven Reproduktion von Nichtwissen zu problematisieren. Am Beispiel des Finanzsystems gerieten funktionale Beobachtungskomplementaritäten in den Blick, über die Entscheidungsfähigkeit abgesichert werden kann und die zudem sozial, sachlich oder zeitlich strukturierte Möglichkeiten zu einer Kontrolle von Entscheidungsfolgen eröffnen. Darüber hinaus konnte ein Beitrag zu einer konzeptionellen Weiterentwicklung der Vertrauensforschung und der ‚neuen Wirtschaftssoziologie’ geleistet werden. Arbeiten zur Emergenz eines transsystemischen Vertrauens sowie zum Verhältnis von Vertrauen und Authentizität führten nicht nur zu einer Problematisierung vorherrschender Vertrauenskonzepte, sonder auch zu einer Aufmerksamkeitssteuerung im Bereich der empirischen Forschung in Richtung der Analyse problemerzeugender Effekte der Vertrauenskonstitution.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2004). Nichtwissen und Vertrauen in der Wissensökonomie. Frankfurt/New York: Campus
    Torsten Strulik
  • (2004). Wissensarbeit im Kontext innovativer Finanzdienstleistungen. In: R. Kreibich, B. Oertel (Hg.), Erfolg mit Dienstleistungen. Innovationen, Märkte, Kunden, Arbeit. Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 205-211
    Torsten Strulik
  • (2005). Finanzmarktregulierung und Wissenspolitik. Basel II – Die aufsichtsrechtliche Konstitution kollektiver Intelligenz? In: Zeitschrift für Rechtssoziologie, Jg. 26, Heft 1, 101-129
    Torsten Strulik, Matthias Kussin
  • (2005). Ökonomische Evolution und die Intelligenz vertrauensbasierter Entscheidungen. In: H. Siegenthaler (Hg.), Rationalität im Prozess kultureller Evolution, Tübingen: Mohr Siebeck, 131-154
    Torsten Strulik
  • (2006). Knowledge politics in the field of global finance? The emergence of a cognitive approach in banking supervision. Centre for the study of globalization and regionalization, CSGR Working Paper No. 195/06
    Torsten Strulik
  • (2007). Evaluationen in der Wirtschaft – Rating-Agenturen und das Management des Beobachtetwerdens. In: Leviathan, Sonderheft 24/2007, 288-314
    Torsten Strulik
  • (2007). Introduction: Towards a cognitive mode in global finance. Conceptual and empirical reflections. In: T. Strulik, H. Willke (Ed.), Towards a cognitive mode in global finance. The governance of a knowledge-based financial system. Frankfurt/ New York: Campus, 9-32
    Torsten Strulik
  • (2007). Rating agencies, ignorance and the production of system trust. In: T. Strulik, H. Willke (Ed.), Towards a cognitive mode in global finance. The governance of a knowledgebased financial system. Frankfurt/New York: Campus, 239-255
    Torsten Strulik
  • (2007). Towards a cognitive mode in global finance. The governance of a knowledge-based financial system. Frankfurt/New York: Campus
    Torsten Strulik, Helmut Willke
  • (2007). Wie Organisationen Nichtwissen nutzen. In: A. Zeuch (Hg.), Management von Nichtwissen in Unternehmen. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme, 117-133
    Torsten Strulik
  • (2007). Wirtschaft und Wissen. In: R. Schützeichel, Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung. Konstanz: UVK, 713-722
    Torsten Strulik
  • (2008). Cognitive Governance. Gesellschaftliche Risikosteuerung im Spannungsfeld normativer und kognitiver Erwartungen. In: F. Schuppert, A. Voßkuhle (Hg.), Governance von und durch Wissen. Baden-Baden: Nomos, S. 87-108
    Torsten Strulik
  • (2009). Nichtwissen als gesellschaftliche Ressource (Kritik). In: Erwägen, Wissen, Ethik. 19. Jg., Heft 1, 156-158
    Torsten Strulik
  • (2010). Die Verwertung von Nichtwissen. Konzeptionelle Überlegungen und empirische Befunde zum Phänomen Wissensarbeit. In: M. Moldaschl, N. Stehr (Hg.), Wissensökonomie und Innovation – Beiträge zur Ökonomie der Wissensgesellschaft. Marburg: Metropolis, 505-532
    Torsten Strulik
  • (2010). Systemtheorie der Wissensgesellschaft. In: A. Engelhardt, L. Kajetzke (Hg.), Handbuch Wissensgesellschaft. Theorien, Themen, Probleme. Bielefeld: transcript, 65-76
    Torsten Strulik
  • (2011). Vertrauen, Misstrauen, Risiko. Eine sozialwissenschaftliche Diskussion (Replik). In: Erwägen, Wissen, Ethik, 22. Jg., Heft 2, 317-328
    Torsten Strulik
  • (2011). Vertrauen. Ein Ferment gesellschaftlicher Risikoproduktion (Hauptartikel). In: Erwägen, Wissen, Ethik, 22. Jg., Heft 2, 236-249
    Torsten Strulik
  • (2012). Die Gesellschaft der "neuen Wirtschaftssoziologie". Eine Replik auf Jens Beckerts Beitrag "Wirtschaftssoziologie als Gesellschaftstheorie". In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 41, Heft 1, 58-74
    Torsten Strulik
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung