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Non-linear Constitutive Thermo-Electro-Mechanical Behavior of Piezocermics: Experimental Investigation

Applicant Professor Dr.-Ing. Marc Kamlah, since 4/2007
Subject Area Metallurgical, Thermal and Thermomechanical Treatment of Materials
Term from 2004 to 2009
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5416074
 
Final Report Year 2010

Final Report Abstract

Der piezoelektrische Effekt erlaubt die direkte Umsetzung von mechanischen Kräften in elektrische Ladungen, während der inverse piezoelektrische Effekt bewirkt, dass elektrische Spannungen in Stellwege umgewandelt werden. Ferroelektrische Keramiken, so genannten Piezokeramiken, sind heute die wichtigste Werkstoffklasse in technischen Anwendungen für piezoelektrische Eigenschaften in Sensoren und Aktoren. Seiner abstrakten Definition nach ist der piezoelektrische Effekt und seine Umkehrung ein linearer Effekt, der durch eine gerade Kennlinie beschrieben und durch deren Steigung allein charakterisiert werden kann. In technischen Anwendungen bevorzugt man solche linearen Eigenschaften. Ferroelektrische Keramiken verhalten sich jedoch hinsichtlich ihrer mechanischen, elektrischen und gekoppelten Eigenschaften nur in sehr kleinen Belastungsbereichen näherungsweise linear. Diese Nichtlinearitäten bedeuten nicht nur Abweichungen von einer geraden Kennlinie, sondern auch die Ausbildung von Schleifen, so genannten Hysteresen, bei wiederholter Be- und Entlastung. Bei der Vielfalt möglicher elektrischer, mechanischer und gekoppelter Belastungen ergibt sich die Möglichkeit zu zahlreichen komplexen Phänomenen, die bislang nur teilweise bekannt und verstanden sind. Die Ursachen für diese Eigenschaften sind in der Mikrostruktur ferroelektrischer Keramiken zu suchen. Als kristalline Materialien sind sie aus so genannten Körnern oder Einkristallen aufgebaut. Im Verbund der Körner besitzt jedes Korn seine eigene Orientierung der Kristallachsen, die in erster Näherung als fixiert betrachtet werden kann. Die Einheitszellen, die die kristalline Struktur eines Korns aufbauen, weisen eine charakteristische, sich periodisch wiederholende Anordnung der Atome, die das Material bilden, auf. In dieser Anordnung der Atome liegt die Ursache für die Ausbildung piezoelektrischer Eigenschaften. Innerhalb eines Korns sind nun trotz der fixierten Kristallachsen keineswegs alle Einheitszellen gleich ausgerichtet, sondern es treten als Substruktur so genannten Domänen auf. Nur innerhalb dieser Domänen haben alle Einheitszellen die gleiche Anordnung der Atome. Die oben angesprochenen Nichtlinearitäten und Hystereseeigenschaften werden nun dadurch induziert, dass die Anordnung der Atome in der Einheitszelle durch hinreichend große elektrische oder mechanische Belastungen bleibend verändert werden kann. Für das vorliegende Projekt wurde ein komplexer Aufbau realisiert, der es erlaubt, auf piezokeramische Proben elektrische und mechanische Belastungen mit weitgehend beliebigen zeitlichen Verläufen aufzubringen und dabei die elektrischen und mechanischen Antworten zu messen. Es gibt weltweit nur wenige Forschungseinrichtungen, die über solch eine Vorrichtung verfügen. Die Ergebnisse sind daher nicht nur interessant für Wissenschaft und diejenigen Ingenieure, die Aktoren und Sensoren aus Piezokeramiken entwickeln, sondern auch für die Materialhersteller, die selbst keine Möglichkeiten besitzen, solche Messungen an ihren Materialien durchzuführen. Eine Gruppe von Messungen befasste sich mit elektromechanischen Belastungen, die die Situation in einem Aktor simulierten, der zur Vermeidung von Rissbildung mechanisch vorgespannt wird. Ein wesentliches Ergebnis war die Verstärkung der elektromechanischen Koppeleigenschaften bei gezielt gewählter mechanischer Vorspannung. Weiterhin wurde das Arbeiten eines Aktors gegen eine Steifigkeit als realistische Einsatzbedingung nachgebildet. Die entscheidende Größe für das Ausmaß an elektromechanischer Kopplung im Material ist die so genannte Polung. Für elektrische Belastungen unter mechanischer Vorspannung, sowie für mechanische Belastung bei angelegter elektrischer Spannung wurden die kritischen Zustände ermittelt, ab denen die Polung und damit die elektromechanischen Koppeleigenschaften reduziert werden. Für viele Fragestellungen ist das zeitabhängige Verhalten des Materials von Bedeutung, d.h. die zeitliche Entwicklung der mechanischen und elektrischen Antwort auf zeitlich konstante Belastungen („Kriechen“). Dieses Verhalten wurde umfangreich charakterisiert. Insbesondere konnten diejenigen Bereiche identifiziert werden, wo Zeiteffekte besonders ausgeprägt sind. Bei so genannten mehrachsigen Belastungen ändert sich nicht nur die Amplitude der Belastung bei fester Belastungsrichtung, sondern es treten Belastungen aus mehreren Richtungen auf, die sich auch noch ändern können. Solche Szenarien sind experimentell oft nur schwer zugänglich, aber trotzdem sehr relevant. Im Rahmen des mit dem vorhandenen Aufbau technisch machbaren wurde das Verhalten unter solchen Bedingungen experimentell untersucht. Ein wichtiges Resultat war dabei die Bestimmung derjenigen kombinierten elektromechanischen Belastungsgrenze, ab der es zu bleibenden Veränderungen der Domänenstruktur und damit der globalen elektrischen, mechanischen und gekoppelten Eigenschaften des Materials kommt. Für Zwecke der mathematischen Beschreibung des Materialverhaltens ist es wichtig, diejenigen Anteile in der Materialantwort, die von bleibenden Veränderungen in der Domänenstruktur herrühren, separieren zu können von denjenigen, die mit der äußeren Belastung zurückgehen. Es wurden saubere Definitionen dieser „irreversiblen“ und „reversiblen“ Anteile der Materialantwort eingeführt und auf dieser Basis ein entsprechendes Messprogramm entwickelt und durchgeführt. Als Resultat konnten erstmals die entsprechenden Anteile ermittelt und dargestellt werden.

 
 

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