Eine formale Sprache für operative CAD-Modelle im Bauwesen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Herkömmliche Modellierungsansätze beschreiben das Ergebnis des Bauplanungsprozesses in Form eines objektorientierten Bauwerksmodells. Eine Instanz dieses Modells wird durch Anwendungen bearbeitet und zu vom Nutzer festgelegten Zeitpunkten als Version des Planungsstands freigegeben. Beim erforschten verarbeitungsorientierten Modellierungsansatz hingegen wird nicht nur das Ergebnis als Version, sondern auch der Verarbeitungsprozess beschrieben. Bei der Planung ausgeführte Operationsinstanzen werden als Änderung in einer spezifizierten Sprache gespeichert. Um einen bestimmten Planungsstand zu erzeugen, werden diese Änderungen sequentiell auf die Bauwerksinstanz angewendet. Der verarbeitungsorientierte Modellierungsansatz wird am Beispiel von Schach erläutert. Am Ende einer Schachpartie stehen noch einige Figuren auf dem Schachbrett. Das Ergebnis des Spiels ist sichtbar, wie es dazu kam jedoch nicht. Schachinteressierten genügt es nicht, das Ergebnis der Partie zu sehen. Sie wollen jeden einzelnen Zug nachvollziehen und die Spielstrategien erkennen. Deshalb wird beispielsweise in Zeitungen zusätzlich zum Ergebnis die Sequenz der einzelnen Züge von Spielbeginn an in einer bestimmten Notation bzw. Sprache abgedruckt. Es wird also nicht nur das Spielergebnis als Zustand, sondern auch die Spielhistorie als Prozess dargestellt. Nachfolgend werden die im Vorhaben erreichten Ergebnisse und deren Bedeutung beschrieben: • Die Sprache zur Beschreibung operativer Modelle ist systemunabhängig und kann für den Datenaustausch, zur Archivierung und in der Benutzer- und Programmschnittstelle beliebiger Planungssysteme verwendet werden. Anwender können Systeme mit Hilfe der Sprache ad-hoc bedienen und programmieren. • Der mögliche Informationsverlust beim Datenaustausch von operativen Modellinstanzen kumuliert im Gegensatz zum traditionellen Datenaustausch nicht, weil gespeicherte Änderungen nicht transformiert werden, sondern in der ursprünglichen Form erhalten bleiben. • Analog der Spielstrategie beim Schach wird es möglich, die Entwurfsabsicht (design intent) bei der Planung eines Bauwerks nachvollziehbar zu speichern und auszutauschen. Bauwerksmodelle erhalten dadurch mehr semantische Informationen. • In operativen Modellinstanzen sind Änderungen und somit die Semantik von Unterschieden explizit gespeichert. Dieser Vorteil mündet in neuartigen Algorithmen und Benutzerschnittstellen zum Vergleich von Planungsständen (diff). • Im verteilt-kooperativen Planungsprozess ist das Zusammenführen von Planungsvarianten (merge) notwendig. Bei herkömmlichen Verfahren werden Planungsstände abgeglichen, ohne wichtige Entwurfsabsichten zu berücksichtigen. Hier bietet der verarbeitungsorientierte Ansatz neue Möglichkeiten, (a) bereits explizit gespeicherte Änderungen im Zusammenführungsprozess wiederzuverwenden und (b) die Modellinstanzkonsistenz während dieses Vorgangs zu sichern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Firmenich, B.: A Novel Modelling Approach for the Exchange of CAD Information in Civil Engineering; In: Proceedings of the 5th European Conference on Product and Process Modelling in the Building and related Industries: eWork and eBusiness in Architecture, Engineering and Construction; A. A. Balkema Publishers; Leiden/ London/ New York u.a.; September 2004
- Koch, Ch.: Standardisierung von CAD durch eine Sprache für operative CAD-Modelle; In: Forum Bauinformatik 2005 ¿ Junge Wissenschaftler forschen; Brandenburgische Technische Universität Cottbus; Cottbus; ber 2005
- Koch, Ch.; Firmenich, B.: A novel diff and merge approach on the basis of operative models; In: Digital Proceedings of the 11th International Conference on Computing and Decision Making in Civil and Building Engineering (ICCCBE-XI); Montreal/ Canada; June 2006
- Koch, Ch.; Firmenich, B.: Operative models for the introduction of additional semantics into the cooperative planning process. In: Proceedings of the 13th EG-ICE Workshop "Intelligent Computing in Engineering and Architecture"; Springer; Berlin/ Heidelberg/ New York; November 2006.
