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Quantitative Auswertung nichtlinearer Ultraschall-Kontaktresonanzspektren zur Bestimmung der Kraftkurve zwischen der Sensorspitze einer schwingenden Kraftmikroskop-Blattfeder und einer Probe

Antragstellerin Dr. Sigrun Hirsekorn, seit 2/2008
Fachliche Zuordnung Glas und Keramik und darauf basierende Verbundwerkstoffe
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5417996
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In der Ultraschall-Kraftmikroskopie wird die Tatsache, dass Ultraschallfelder mit der Sensorspitze einer Kraftmikroskopblattfeder detektiert werden können, zur Abbildung elastischer Materialeigenschaften von Probenoberflächen genutzt. Damit wird eine Ortsauflösung bis in den nm-Bereich hinein erreicht. Die Schallwellen werden von den zwischen Sensorspitze und Probe wirkenden Kräften übertragen, so dass umgekehrt aus gemessenen Blattfederschwingungen diese Kräfte bestimmt werden können. Da verschiedene physikalische Effekte zur Kraftkurve beitragen, ist sie eine nichtlineare Funktion des Abstands und kann Kontaktdämpfung und Hysterese enthalten. In dem am IZFP entwickelten Ultraschallverfahren "Kontaktresonanzspektroskopie" wird die Kraftkurve um einen Arbeitspunkt linear genähert, um die quantitative Auswertung der Blattfederbiegeschwingungen und damit die lokale Bestimmung einer elastischen Konstanten der Probenoberfläche zu ermöglichen. In diesem Projekt wurde die Kontaktresonanzspektroskopie so erweitert, dass auch aus nichtlinearer Kraftübertragung resultierende Federbalkenschwingungen quantitativ ausgewertet werden können. Der Stand der Forschung zu Beginn des Projekts sowie die eigenen Vorarbeiten sind detailliert in der Einleitung des Berichts zum Erstvorhaben beschrieben. Zunächst wurde die praktische Umsetzbarkeit des Verfahrens geprüft und die experimentelle Grundlage zur Umsetzung geschaffen. Der Messaufbau wurde mit einem kommerziellen Kraftmikroskop realisiert und mit Steuer-, Mess- und Auswerteprogrammen versehen. Die Kombination des Kraftmikroskops mit einem Heterodyn-Interferometer ermöglichte erstmals, Schwingungsmoden einer Blattfeder im Kontakt mit einer Probe abzubilden. Näherungsweise wurde für die Auswertung zunächst angenommen, dass sich die Sensorspitze bei den verwendeten Blattfedern ganz am Ende befindet und dass die Federbalken im unbelasteten Zustand, d.h. ohne Probenkontakt, parallel zur Probenoberfläche verlaufen. Die theoretischen Resultate für den in der Regel vorliegenden Fall, dass ein kleines Stück des Balkens über die Sensorspitzenposition hinausragt, sind im Anhang des Berichts schon gegeben. Im Fortsetzungsvorhaben wurde eine Kraftkurve zwischen einer Sensorspitze und einer Probe aus gemessenen Biegeschwingungsspektren einer Blattfeder im Kontakt rekonstruiert. Die theoretische Grundlage zur Berücksichtigung auch von lateralen Kontaktkräften bei Blattfederbiegeschwingungen wurde erstellt, so dass bei gleichzeitiger Messung von Blattfederauslenkung und –neigung auch Lateralkräfte einschließlich Reibung im Spitze-Probe Kontakt zugänglich sind. Die quantitative Auswertung gemessener Frequenzspektren von in nichtlinearem Probenkontakt schwingenden Federbalken erfordert die kalibrierte Messung der Schwingungsamplituden von Probenoberfläche und Federbalken im Kraftmikroskop. Die freien Schwingungsmoden der verwendeten Federbalken werden interferometrisch charakterisiert. Die Auswertung erfolgt auf der Basis eines theoretischen Ansatzes, der am IZFP im Rahmen früherer Projekte erarbeitet wurde. Ausgangspunkt der Theorie ist die Differentialgleichung der Biegeschwingungen eines rechteckigen AFM-Federbalkens konstanten Querschnitts. Die Übertragung von Ultraschallschwingungen einer Probe über die Kraftwechselwirkung mit der Sensorspitze auf den Federbalken wird für jede Frequenz getrennt betrachtet. Die resultierenden frequenzabhängigen Übertragungsfunktionen, die die Schwingungseigenschaften des Balkens widerspiegeln, überlagern sich linear mit der jeweiligen Anregungsamplitude gewichtet zu dem Schwingungssignal der Blattfeder. Diese Auswertung entspricht einer Entfaltung des Zeitsignals des AFM-Federbalkens, so dass die Schwingungseigenschaften des Federbalkens, die in der Übertragungsfunktion enthalten sind, und die Ultraschallanregung in der Probe von den Ultraschall übertragenden Kräften zwischen Sensorspitze und Probe getrennt werden können. Im Kontaktexperiment werden die Schwingungsamplituden und die statische Auflagekraft des Federbalkens systematisch variiert, um verschiedene Bereiche der nichtlinearen Kraftkurve zu erfassen, die dann rekonstruiert und mit physikalischen Kraftmodellen verglichen werden kann. Generell lässt das Rekonstruktionsverfahren ohne vorherige Annahmen über die Form der Kraftkurve und über funktionale Zusammenhänge die Bestimmung von beliebigen Wechselwirkungskräften zwischen Sensorspitze und Probenoberfläche aus den Spektren der im Probenkontakt schwingenden Blattfeder zu. Dies ermöglicht die Messung von Oberflächensteifigkeiten auch an Proben, bei denen ein nennenswerter adhäsiver Kraftbeitrag nicht vermieden werden kann. In den analytisch theoretischen Arbeiten des Fortsetzungsvorhabens wurden die im Kontakt schwingende Kraftmikroskopblattfeder mit Berücksichtigung der in ihrer Aufhängung festgelegten Neigung relativ zur Probe einschließlich der daraus folgenden Einbeziehung von Lateralkräften im Kontakt beschrieben sowie die entsprechenden Formeln für den UAFM-Modus (Ultrasonic Atomic Force Microscopy) des Kraftmikroskops, bei dem die Blattfeder an ihrer Aufhängung zu Schwingungen angeregt wird, hergeleitet. FEM Modellierungen der Federbalken einschließlich Sensorspitze und Probenkontakt wurden durchgeführt und mit Ergebnissen aus analytischen Näherungslösungen und Experimenten verglichen, um die Anwendbarkeit analytischer Balkenmodelle und das Potential numerischer Simulationen zur genaueren Bestimmung der Übertragungsfunktionen in der nichtlinearen Kontaktresonanzspektroskopie zu untersuchen. Das Verständnis der nichtlinearen Ultraschallübertragung im Kraftmikroskop ist aus verschiedenen Gründen von besonderem Interesse. Die Entwicklung quantitativer Prüfverfahren zur Untersuchung der mechanischen Eigenschaften ist zur Charakterisierung von dünnen Schichten mit Dicken im nm-Bereich, nanokristallinen Werkstoffen und anderen Komponenten mit nanoskaligem Aufbau notwendig. Die nichtlineare Kontaktresonanzspektroskopie eignet sich insbesondere für die Untersuchung von Polymer-Proben, z.B. für die Messung der lokalen Elastizität und Adhäsion laserstrukturierter Oberflächenbeschichtungen aus Polymeren, die in Nachahmung der Beschaffenheit von Geckofüßen (biomimetische Materialien) erhöhte Adhäsion zeigen, sowie für die ortsaufgelöste Messung elastischer und viskoelastischer Eigenschaften von mehrphasigen Werkstoffen mit dem Ziel, Aussagen über Substrat, Klebstoff oder Einlagerungen und Zwischen- und Grenzschichten zu erhalten, die als Eingabedaten für die numerische Simulation von Verformungsvorgängen in Werkstücken von großer Bedeutung sind. Bei weichen Proben ermöglicht erst die in-situ Messung der Gesamtkräfte über einen weiten Bereich der Kraftkurve, die elastische Kräfte und Adhäsion enthält, den elastischen Beitrag zu separieren. Mit der hohen räumlichen Auflösung des AFM sollte es mit diesem Verfahren möglich sein, die Eigenschaften von Substrat, Klebstoff (oder zweite Phase) und Zwischenschicht getrennt zu messen. Künftige Arbeiten sind Untersuchungen des Potentials der nichtlinearen Kontaktresonanzspektroskopie zur Bestimmung lateraler Wechselwirkungskräfte zwischen Sensorspitze und Probe sowie in der Ultraschall-Reibungsmikroskopie. Hierzu werden auch die Übertragungsfunktionen für Torsions- und laterale Biegeschwingungen benötigt. Insbesondere diese Moden erfordern die Berücksichtigung der Elastizität der Sensorspitze. Zur Verbesserung der Genauigkeit in der Auswertung sollten ähnlich wie in einem für den Tapping-Mode vorgeschlagenen Verfahren die Übertragungsfunktionen aller Schwingungsmoden auch experimentell über die Sprungantwort des Federbalkens bestimmt und mit theoretischen Berechnungen und numerischen Simulationen verglichen werden. Untersuchungen des Rauschens in den Messsignalen und des Signal-Rausch-Abstands für die gemessenen Amplituden der erzeugten höheren Harmonischen im Schwingungsspektrum der Federbalken können Potential und Grenzen des Verfahrens aufzeigen. Ferner erfordern die Fälle, bei denen Schwingungsknoten an der Spitzenposition auftreten, Berechnungen für Messpositionen auf der Blattfeder, die nicht mit der Position der Sensorspitze identisch sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • "Characterization of elasticity, friction, anelasticity, and adhesion with nm lateral resolution, using the ultrasonic vibration modes of atomic force microscope cantilevers", Annual meeting of the Acoustical Society of America; J. Acoust. Soc. Am. 119 (2006) 3328
    W. Arnold, A. Caron, D. Rupp, K. Schwarz, S. Hirsekorn, and U. Rabe
  • "Hochauflösende Abbildung und Messung lokaler Materialeigenschaften mittels dynamischer Kraftmikroskopieverfahren im Ultraschallfrequenzbereich", DAGA 2006, Braunschweig, 20.-23.03.2006
    S. Hirsekorn, U. Rabe, K. Reinstädtler, D. Rupp, W. Arnold
  • "Reconstruction of the nonlinear interaction forces in Atomic Force Acoustic Microscopy based on the spectral analysis of the cantilever vibrations", ICNT, Basel, 30.07.-04.08.2006
    D. Rupp, U. Rabe, S. Hirsekorn, and W. Arnold
  • Surface characterization using ultrasonic vibration modes of atomic force microscope cantilevers", ICNT, Basel, 30.07.-04.08.2006
    U. Rabe, K. Schwarz, D. Rupp, S. Hirsekorn, and W. Arnold
  • "Atomic Force Acoustic Microscopy and Reconstruction of the Non-linear Tip-Sample Interaction Forces", Materials Research Society (MRS), Spring meeting 2007
    U. Rabe, S. Hirsekorn, D. Rupp, and W. Arnold
  • "Linear and Nonlinear Contact Resonance Spectroscopy in Atomic Force Acoustic Microscopy", International Congress on Ultrasonics ICU'07, Vienna, Austria, April 9-12 2007
    S. Hirsekorn, U. Rabe, D. Rupp, and W. Arnold
  • "Linear and Nonlinear Contact Resonance Spectroscopy in Atomic Force Microscopy", 4th Workshop "NDT in Progress", Prague, Czech Republic, Nov. 05-08 2007
    S. Hirsekorn, U. Rabe, D. Rupp, W. Arnold
  • "Nonlinear contact resonance spectroscopy in atomic force microscopy", Journal of Physics D: Applied Physics 40, (2007) 7136- 7145
    D. Rupp, U. Rabe, S. Hirsekorn, and W. Arnold
  • Lineare und nichtlineare Kontaktresonanzspektroskopie mit dem Kraftmikroskop", Südwestdeutsches Mechanik-Kolloquium, Universität des Saarlandes, Saarbrücken, 24.11.2007
    S. Hirsekorn, U. Rabe, D. Rupp, W. Arnold
  • "Kontaktresonanzspektroskopie mit dem Rasterkraftmikroskop", 34. Jahrestagung für Akustik DAGA 2008, Dresden, 10. bis 13.03.2008
    S. Hirsekorn, U. Rabe, D. Rupp, und W. Arnold
 
 

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