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Unipolare elektrostatische Aufladung hochkonzentrierter Aerosole

Fachliche Zuordnung Mechanische Verfahrenstechnik
Förderung Förderung von 2004 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5418398
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Wissenschaftliches Ziel war die Untersuchung der elektrischen Aufladung von nanoskaligen Aerosolen unter Bedingungen hoher Partikelraumladung. Dabei sollte geklärt werden, inwieweit das klassische, auf Einzelpartikel-Überlegungen beruhende Auflademodell bei hohen Konzentrationen in der Lage ist, die Partikelaufladung zu beschreiben, bzw. ob es modifiziert werden muss, um den Effekt der Raumladung benachbarter Partikeln auf den Ionentransport zu berücksichtigen. Bei der unipolaren Diffusionsaufladung wird das Partikelkollektiv Gasionen ausgesetzt, welche sowohl technisch als auch im Labor in der Regel mittels einer Hochspannungs- Koronaentladung an stark gekrümmten Elektroden (Spitzen, dünne Drähte), erzeugt werden. Konzentrierte Aerosole stören infolge der partikelgebundenen Raumladung die elektrischen Feldverhältnisse um die Elektrode und damit die Ionenproduktion der Korona bis hin zum Zusammenbruch der Entladung („Korona-Quenching“). Die Partikelaufladung lässt sich unter solchen Bedingungen mit den üblichen Korona-Anordnungen nicht systematisch untersuchen. Um dieser Problematik zu begegnen, wurde eine neuartige Elektrodenbauform entwickelt, die drained Dielectric Barrier Discharge (dDBD) Elektrode. Die dDBD entspricht zwar funktionell einer konventionellen Drahtelektrode, unterscheidet sich davon aber u.a. durch einen wesentlich komplexeren Aufbau, welcher eine zusätzliche Anregungselektrode beinhaltet. Hierdurch wurde auch bei einem deformierten äußeren E-Feld eine zuverlässige Ionenproduktion möglich. Der erste Teil des Projekts stand in Zeichen der Herstellung und Untersuchung diverser dDBD-Bauformen. Es wurden Fertigungsmethoden für unterschiedliche Werkstoffkombinationen entwickelt, Elektroden unterschiedlicher Bauart anhand ihres Ladungsemissionsverhaltens charakterisiert und besonders geeignete Bauformen ausgewählt. Die ausgewählte Aufladergeometrie entspricht einer koaxialen Draht-Zylinder-Anordnung, da diese einerseits technisch relevant ist und anderseits relativ einfach in mathematischen Modellen beschrieben werden kann. In dieser Anordnung sollen gleichermaßen konventionelle Drahtelektroden, als auch geometrisch möglichst ähnliche dDBD-Elektroden betrieben werden. Bei Versuchen mit Drahtelektroden in niedrig konzentriertem Aerosol (ohne Partikelraumladungseinfluss) können unter Verwendung der Messdaten als Randbedingungen mittels FEM-Simulation die lokalen Ionenkonzentrationen bestimmt werden. Dies ist für dDBD- Elektroden aufgrund der komplexen physikalischen Vorgänge kaum möglich. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass eine dDBD-Elektrode, welche bei gleichen Bedingungen (mittlere Feldstärke) das identisches Aufladeergebnis (mittlere Partikelladung und Verlust im Auflader) liefert, dem Aerosol ein vergleichbares n·t-Produkt zur Verfügung stellt. Dieses n·t- Produkt ist die elementare Kenngröße bei der Diffusionsaufladung. Die Kalibrierung wurde dabei durch die Anpassung der Anregungsfrequenz realisiert. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Anregungsfrequenz Einfluss auf die emittierte Ladungsmenge hat, aber für die mittlere Feldstärke im System keine nennenswerte Rolle spielt. Die mittlere Feldstärke im umgebenden Aerosolraum des dDBD-Systems wurde mittels FEM-Simulation (Comsol Multiphysics) ermittelt. Zur Bereitstellung des hoch konzentrierten Aerosols wurde ein DEHS-Aerosolgenerator aufgebaut, mit dem über einen präzise geregelten Evoparations-Rekondensations-Prozess Partikeln im Größenbereich von ca. 55 nm bei Konzentrationen von bis zu 109 cm-3 und Volumenströmen von mehr als 150 l/min erzeugt werden konnten. Neben dem Auflader, dem Aerosolgenerator und einem drainagefähigen Elektroabscheider wurden auch zahlreiche Kleinkomponenten erarbeitet und im Rahmen zahlreicher Versuchsserien bis zum Erreichen der formulierten Anforderungen an das Testaerosol optimiert. Kombiniert mit der übrigen Betriebs- und Messpheripherie steht somit ein in seiner Form einmaliger Teststand zur Untersuchung hochkonzentrierter, nanoskaliger Aerosole zur Verfügung. Bei Versuchen in normal konzentriertem Aerosol zeigte die dDBD-Elektrode ein der Drahtelektrode prinzipiell vergleichbares, jedoch deutlich variableres Aufladeverhalten. Es konnten zahlreiche Abhängigkeiten zu Geometrie und Betriebsparametern im Aufladeverhalten analysiert werden. Insbesondere durch Variation der Anregungsfrequenz kann die Ionenemission aus der Elektrode und damit das Aufladeergebnis gesteuert werden, ohne gleichzeitig in das mittlere elektrische Feld einzugreifen. Dabei kann die mittlere Partikelladung und der Verlust im Auflader in einem breiten Feld gesteuert werden. Insgesamt zeigt sich die dDBD- Technologie sehr vielschichtig. Eine Kalibrierung, zur Erzeugung gleicher n·t-Produkte, war mit guter Genauigkeit möglich. Für die festgelegten Betriebspunkte zeigten die Drahtelektroden in den Versuchen mit hoch konzentriertem Aerosol mit ansteigender Partikelkonzentration die erwarteten Leistungseinbußen (sinkende Partikelladung und Abscheideeffizienz). Dem gegenüber konnten bei der dDBD-Elektrode erst bei deutlich höheren Partikelkonzentrationen Auswirkungen beobachtet wurden, die zudem um Größenordnungen geringer ausgeprägt waren. Damit konnte die erwartete Betriebsstabilität nachgewiesen werden, womit eine Ionenquelle zur zuverlässigen Aufladung hochkonzentrierter Aerosole zur Verfügung steht. Aufgrund der Vielschichtigkeit der dDBD-Technologie wurde sehr viel Zeit der grundlegenden Erforschung von Emissionscharakteristiken und dem von Partikelraumladung nicht gestörten Aufladeverhalten gewidmet. Dies resultierte einerseits in Verzögerungen auf dem Weg hin zu Versuchen in hoch konzentrierten Aerosolen, so dass hier weitere Arbeit, insbesondere was den Abgleich mit den Aufladetheorien betrifft, geleistet werden muss, andererseits trug dies zu einem tieferen Verständnis der zugrundeliegenden Vorgänge bei. Dieses Wissen ist für das Verständnis des gesamten Aufladesystem und die ausstehenden Experimente und Simulationen unabdingbar und führte unter anderem zu der Entwicklung eines ebenfalls auf einer DBD- Entladung basierenden Aerosolneutralisators, welcher in im Rahmen einer Auslandskooperation entwickelt wurde und sich aktuell im Prozess der Patentierung befindet. In einem Zeitrahmen, welcher weit über den durch die DFG geförderten Zeitrahmen hinaus ging, konnte eine Infrastruktur zur Untersuchung der Diffusionsaufladung unter Partikelraumladungseinflüssen geschaffen werden. Es tauchten, wie in den weiteren Abschnitten beschrieben, zahlreiche Herausforderungen auf, welche in dieser Form nicht vorhersehbar waren und Verzögerungen nach sich zogen. Bedauerlicherweise blieb damit für die eigentliche Untersuchung der Aufladung zu wenig Spielraum. Selbstverständlich soll die nun bestehende Infrastruktur auch zu weiteren, umfangreichen Aufladeexperimenten genutzt werden. Daher wird die Arbeit weitgeführt und befindet sich mitten in der eigentlichen experimentellen Phase, welche letztendlich die Überprüfung der Aufladetheorien in diesen raumladungsgestörten Parameterfeldern ermöglichen sollen. Die industriellen Anwendungsmöglichkeiten der dDBD-Technik liegen weniger im Einsatz als Gasreinigungstechnik. Sowohl zur Produktrückgewinnung als auch zur Abgasreinigung wird es aufgrund der aufwändigen Anlagentechnik zum Betrieb einer dDBD-Elektrode in den meisten Fällen günstiger sein, dem Problem des Aerosolquenchings durch eine großzügig dimensionierte, konventionelle Koronaentladungsanordnung zu begegnen. In zeitkritischen Anwendungen jedoch wie der elektrostatischen Stabilisierung von Aerosolen, beispielsweise unmittelbar nach einer Flammensynthese, ist eine auch unter hohen Partikelkonzentrationen zuverlässige Ionenquelle von Interesse. Die Funktionstüchtigkeit unter derartigen Bedingungen konnte bereits theoretisch hergeleitet, simulatorisch begründet und experimentell nachgewiesen werden. Mit der Anwendung der DBD als Neutralisatortechnologie ist zudem ein neues Einsatzgebiet in den Fokus gerückt. Diese Technik wurde inspiriert durch die Beschäftigung mit Oberflächenentladungen und dem daraus erwachsenen Verständnis für die zugrundeliegenden Vorgänge. Die Funktionsweise bzw. ein Baumuster durchlaufen aktuell das Patentierungsverfahren. Erste Versuche mit Funktionsmustern zeigten das enorme Potential zur Neutralisation von Aerosolen. Hier deutet sich mittelfristig eine interessante Alternative zu den heutzutage überwiegend eingesetzten radioaktiven Neutralisatoren an.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Evaluation of a Drained DBD Electrode Apparatus for Nano-Particle Charging, European Aerosol Conference 2007, Salzburg
    Wild M., Meyer J., Kasper G.
  • Nanoparticle Charging Using a Concentric Dielectric Barrier Discharge Electrode Apparatus, Partec 2007 Nürnberg
    Wild M., Marquard A., Meyer J., Kasper G.
  • Aufladung und Abscheidung nanoskaliger Aerosole mittels einer konzentrischen dDBD Elektrodenkonfiguration, GVC Fachausschuß Gasreinigung 2008, Würzburg
    Wild M., Meyer J., Kasper G.
  • Charge Emission Characteristics of a Drained DBD Electrode Apparatus for Nano-Particle Charging and Precipitation, World Filtration Congress, Leipzig
    Wild M., Meyer J., Kasper G.
  • Resistance influence on the charge emission of a dDBD electrode apparatus, European Aerosol Conference 2008, Thessaloniki
    Wild M., Meyer J., Kasper G.
  • The drained DBD electrode as a charger for highly concentrated aerosols, European Aerosol Conference 2009, Karlsruhe
    Wild M., Meyer J., Kasper G.
 
 

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