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Zelluläre Mikromechanik des Corti`schen Organs

Fachliche Zuordnung Augenheilkunde
Förderung Förderung von 2003 bis 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5418845
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt wurden die elektromechanischen Eigenschaften des Corti´schen Organs im Zellverband in zwei Präparationen untersucht. In der ersten Präparation wird eine halbe Windung des Modiolus-Knochens und der dranhängenden Basilarmembran mit dem Corti’schen Organ mechanisch auf einer Unterlage geklemmt und in künstlicher Perilymphe untersucht. In dieser Präparation wurde die mechanische Punktimpedanz mittels eines Kraftmessbalkens ermittelt. Dazu wurde der ferromagnetisch beschichtete Kraftmessbalken magnetisch angeregt und seine Auslenkung mit einem Laserinterferometer gemessen. Diese Messungen konnten aufgrund eines neuen Kalibrationsverfahrens Amplituden- und Phasenwerte bis zu Frequenzen von 40 kHz liefern. Es ergab sich, dass die Impedanz über dem Corti´schen Tunnel bis zu 20-fach höher war als an anderen radialen Positionen. Außerdem konnte bis zu 40 kHz keine Massekomponente in der Punktimpedanz erkannt werden, eine wichtige Voraussetzung für die Funktion des aktiven cochleären Verstärkers bei hohen Frequenzen. Darüber hinaus wurde in dieser Präparation mittels Elektroden ein elektrisches Feld erzeugt, das aufgrund der Elektromotilität der ÄHZ zu einer Krafteinkopplung in das Corti´sche Organ führt. Hier wird der Rückkopplungskreis des aktiven, cochleären Verstärkers aufgetrennt. Die Krafteinkopplung erzeugte eine gegenphasige Bewegung der lamina reticularis zwischen Messpunkten, je nachdem, auf welcher Seite des Corti´schen Tunnels sie lagen. Die Eckfrequenz der Bewegung lag für alle drei Windungen (charakteristische Frequenzen: 1,6 - 21 kHz) mehr als eine Oktave oberhalb der entsprechenden charakteristischen Frequenz des Organs. Auch hier wurde die eingekoppelte Kraft mit dem Kraftmessbalken untersucht. Hier ergab sich eine breite, gedämpfte Resonanz zwischen 7 und 20 kHz, für alle drei Windungen. Im der zweiten Präparation werden die oberen Windungen der bulla des Meerschweinchens soweit abgetragen, dass ein optischer Zugang auf die interessierende Windung geschaffen wird, ohne die Reissner´sche Membran und damit die Integrität der scala media zu verletzen. In dieser Präparation konnten die elektromechanischen Eigenschaften des Organs an der Oberseite der Tektorialmembran, sowie an den Grenzflächen des subtektorialen Spaltes, also der Unterseite der Tektorialmembran und der lamina reticularis, gemessen werden. Hierfür wurde ein auf einem Heterodyninterferometer basierender, inhärent konfokaler Messaufbau eingesetzt. Das Organ wurde wiederum elektrisch angeregt. Die Schwingungsmessungen an verschiedenen radialen Positionen der drei untersuchten Flächen ergaben ein Schwingungsbild, das einen bisher unbekannten Modus der Anregung der inneren Haarzellen erkennen lässt. Die elektromotile Einkopplung der äußeren Haarzellen in das Organ führt zu einer Wippbewegung der lamina reticularis um einen Angelpunkt, der sich ziemlich genau oberhalb des Corti´schen Tunnels befindet – dies deckt sich mit den oben genannten Messungen der Punktimpedanz des Corti´schen Organs. Die Tektorialmembran folgt jedoch im Bereich der inneren Haarzellen dieser Bewegung nicht; vielmehr bewegen sich hier lamina reticularis und Tektorialmembran gegenphasig. Aufgrund von Kontinuitätsüberlegungen folgt hieraus eine radiale Flüssigkeitsbewegung, die in der physiologischen Situation einer externen, akustischen Anregung der bekannten Scherströmung im subtektorialen Spalt überlagert sein muss. Diese Ergebnisse stellen eine wichtige Grundlage für die Modellierung der aktiven Mikromechanik des Corti´schen Organs dar. Der erstmals gezeigte radiale Anteil der Flüssigkeitsströmung im subtektorialen Spalt stellt einen zusätzlichen Verstärkungsmechanismus dar, zumindest für Frequenzen bis zu 3 kHz. Dieser Frequenzbereich ist deshalb außerordentlich wichtig, weil er den Bereich sprachlicher Kommunikation abdeckt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2004). Impedance analysis of the organ of Corti with magnetically actuated probes. Biophys. J. 87, 1378-1391
    Scherer, M. P. & Gummer, A. W.
  • (2004). Vibration pattern of the organ of Corti up to 50 kHz: Evidence for resonant electromechanical force. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 101, 17652-17657
    Scherer, M. P. & Gummer, A. W.
  • (2005). How many states can the motor molecule, prestin, assume in an electric field? Biophys. J. 88, L27-L29
    Scherer, M. P. & Gummer, A. W.
  • (2006). [Electromechanical transduction: influence of the outer hair cells on the motion of the organ of Corti]. HNO 54, 536-543
    Nowotny, M. & Gummer, A. W.
  • (2006). Nanomechanics of the subtectorial space caused by electromechanics of cochlear outer hair cells. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A 103, 2120-2125
    Nowotny, M. & Gummer, A. W.
 
 

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