Affektive Informationsverarbeitung und Erfolgsprädiktoren bei der Behandlung von Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die langzeittraumatisierten Patientinnen unterscheiden sich in der Interaktion mit gesunden Interaktionspartnerinnen nicht von einer gesunden Kontrolldyade in ihrem mimischaffektiven Verhalten. Demnach reduzieren die Patientinnen ihr mimisch-affektives Verhalten nur im therapeutischen Kontext, wenn es um die Bearbeitung der traumatischen Erfahrung geht. Sie scheinen also in der Lage zu sein, die expressiven Anteile der Affekte situationsspezifisch anzupassen. Dies spricht gegen eine generelle Verflachung der Affekte (emotional numbing) bei dieser Patientengruppe. Sie zeigen zudem signifikant mehr Ärger im Vergleich zu der gesunden Kontrolldyade. Die Zunahme des Ärgeraffektes im mimischen Ausdruck hatten wir auch schon bei den Akuttraumatisierten festgestellt (Kirsch & Seidler, 2004). Am Ende des zweiten Behandlungsintervalls zeigen die Patientinnen sogar tendenziell mehr mimische Gesamtaktivität, der Ärger- und Ekelausdruck ist ebenfalls tendenziell höher und die gezeigte Verachtung signifikant erhöht. Demnach können wir von einer erhöhten negativen distanzregulierten Interaktion auf Seiten der Patientinnen am Ende des zweiten Behandlungsintervalls sprechen und dies vor dem Hintergrund einer Zunahme der psychischen Gesamtbelastung. Die gesunden Interaktionspartnerinnen der Patientinnen zeigen eine noch deutlichere Veränderung. Wir nehmen an, dass sie auf das Interaktionsangebot der Patientinnen einsteigen. Die Kombination eines erhöhten distanzinduzierenden Interaktionsverhalten mit einer hohen psychischen Symptombelastung spricht zumindest zu diesem mittleren Behandlungszeitpunkt nicht für eine generelle Verbesserung. Es ist daher von zentralem Interesse, ob sich die psychische Symptombelastung nach Abschluss der Therapie verringert und inwieweit die distanzreguiierenden mimischen Affekte für die Patientinnen noch notwenig sind bzw. diese sich dem Interaktionsverhalten Gesunder annähern. Um dies zu überprüfen wurde von Ende 2007 bis Mitte 2008 eine Katamnesestudie durchgeführt, die Daten befinden sich derzeit in der Auswertung. Die Theorie des sog. "emotional numbing" kann aufgrund unserer Ergebnisse zumindest bezogen auf den expressiven Teil des Affektsystems nicht aufrechterhalten werden, die Patientinnen scheinen vielmehr in der Lage zu sein, ihr mimisch-affektives Verhalten den Umständen gemäß anzupassen. Vor dem Hintergrund der bestehenden Diskussionen über traumazentrierte psychotherapeutische Verfahren wird die Katamnese weitere wichtige Erkenntnisse überden Umgang mit Traumatisierungen liefern.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Kirsch, A., Krause, R., Spang, J., Sachsse, U. (2008). Mimisch affektive Beziehungsregulation von früh- versus akuttraumatisierten Patienten unter Berücksichtigung amnestischer Tendenzen und Derealisation. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 54, 277- 284
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Krause, R. & Kirsch, A. (2006). über das Verhältnis von Traumatisierungen, Amnesie und Symptombelastung. Eine empirische Pilotstudie. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 52, 392-405.