Transport- und Umsetzungsprozesse des klimarelevanten Gases N20 im System Grundwasser/ungesättigte Zone/Boden - Reaktive Transport-Modellierung und prozessbasiertes Upscaling der N20-Emission aus dem Grundwasserleiter
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Forschungsgegenstand des Projektes Prozess-basierte Modellierung von Gastransportund Gasaustauschprozessen und der Beschreibung der hohen zeitlichen und räumlichen Variabilität der N2O-Verteilungsmuster besitzt in der gegenwärtigen Klimadiskussion eine hohe Relevanz: "... N2O emissions are highly variable in space and time and different methodologies have not agreed closely, especially at small scales... Thus, future work is needed to improve model performance at small spatial and temporal scales of individual plots ..." (Del Grosso et al., 2008) lm Rahmen des Projektes wurde eine Langzeitstudie (2 Jahre) zur Verteilung von Gelöst-Gasen, wie N2O, O2, CO2, CH4 für ein kleinskaliges Untersuchungsgebiet "Intensiv-Messplatz" (2.5 m x 6.5 m x 5m) an 18 verschiedenen Pegeln in fünf verschiedenen Teufen durchgeführt (0.1, 0.5, 0.8, 1.5, 2.5m bzgl. des GWS). Die experimentellen N2O- Konzentrationen des oberflächennahen Grundwassers weisen eine hohe zeitliche und räumliche Variabilität (CV bis zu 260%) auf. Es konnte ein positive Korrelation der N2O-Konzentration zwischen Grundwasserspiegel (= Abstand zur Geländeoberfläche) und eine negative Korrelation zur 02-Konzentration nachgewiesen werden. Die experimentellen Ergebnisse konnten nur auf der Basis des bubble-mediated Mass-Transfer (BMT)-Modells konsistent erklärt werden. Die Beschleunigung des BMT in der Austauschzone beruht 1. auf der Trennung der Reaktionszonen (N2O wird in der Gasphase gespeichert und ist nicht bioverfügbar), 2. auf den GWS-Schwankungen und 3. auf der großen Gas-Wasser-Grenzfläche. Derzeit existieren in der Literatur keine reaktiven Transport-Modelle, die den BMT berücksichtigen. Dies ist eine wichtige zukünftige Forschungsaufgabe. Feldmessungen zeigen eine N2O-Akkumulation in der Austauschzone, welche durch die schnellen Wechsel des Redoxpotenzials infolge GWS-Schwankungen gesteuert werden. Dabei wird die N20-Akkumulation durch zeitlich variierende Sauerstoff-Inhibierung der N2O- Produktion und der N20-Reduktion bestimmt. Die Relationen der einzelnen Prozess- Zeitskalen bestimmen für jeden Untersuchungsstandort den spezifischen N2O-Akkumulationseffekt. Folglich muss die Zeitskala der GWS-Schwankung, die Zeitskala für den Austauschprozess zwischen Gasphase und Wasserphase und die Halbwertszeiten für N20-Produktion und N20-Reduktion experimentell bestimmt werden, um belastbare Aussagen zur N2O-Akkumulation zu machen. Steady-state Modelle mit glatter Grenzfläche, die derzeit durchgängig in der Literatur angewendet werden, können den Effekt prinzipiell nicht beschreiben und besitzen ein hohes Maß an Unsicherheit. Im Projekt wurden die notwendigen Modellierungswerkzeuge erarbeitet, um den reaktiven N2O-Gastransport in der Austauschzone zu beschreiben. Das im Rahmen des Projektes neu entwickelte Reaktionsmodul beschreibt sowohl den Übergang von der heterotrophen zur autotrophen Denitrifikationszone, welcher den Fuhrberger Aquifer charakterisiert, als auch die Inhibierung der heterotrophen Denitrifikationsrate durch Sauerstoff, die Limitierung durch organischen Kohlenstoff und die Temperaturabhängigkeit. Erstmals kann auch eine explizite pH-Wert-Abhängigekeit der Denitrifaktionsrate berücksichtigt werden. Auf der Grundlage von Inkubationsexperimenten (durchgeführt von der AG Göttingen) wurde ein umfangreicher Datensatz der tiefenabhängigen Halbwertszeiten der N2O-Produktion und N20-Reduktion abgeleitet. Ferner wurde für den kleinskaligen Intensiv-Messplatz ein umfangreicher Datensatz hydraulischen Parameter aus Tracerversuchen und Pumpversuchen abgeleitet, der eine Parametrierung des 3D-Strömungsmodells erlaubt. Das neue N2O-Reaktionsmodul wurde in ein Strömungs- und Transportmodell (MODFLOW-RT3D) integriert und getestet. Es wurde eine Sensitivitätsanalyse durchgeführt, um Bandbreiten sensitiver Parameter für N20-Produktion und -Reduktion zu identifizieren. Das 3D-Modell für den Intensiv-Messplatz wird mit Hilfe des GlS-basierten Pre- and Post-Prozessors GMS (Groundwater Modeling System) parametrisiert. Damit ist die Berücksichtigung von kleinskaligen, heterogenen Parameterfeldern als auch von zeitabhängigen Randbedingungen möglich. Es ist geplant mit Computersimulationen folgende offene Fragen zu beantworten: 1. Welches sind die sensitiven Steuerparameter für den N20-Akkumlationseffekt ? 2. Was sind die Ursachen für die hohe räumliche und zeitliche Variabilität von N2O-Verteilungen? 3. Welchen Massenbilanzfehler macht man beim 15N-Tracertest, wenn man nur vertikale Flüsse betrachtet und einen geschlossenen Reaktionsraum annimmt?
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
(2007) Reactive Transport-Modeling of N20-Emission from near-surface Groundwater taking into account Small-Scale Heterogeneous Permeability Fields. International Workshop on Biogeochemical Processes in Groundwater Systems, Munich, Germany
H. Geistlinger and D. Eisermann
-
(2007): Reaktive Transport-Modellierung und prozessbasiertes Upscaling der N2O-Emission aus dem oberflächennahen Grundwasser. Jahrestagung der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft, Dresden, Deutschland
H. Geistlinger, D. Eisermann, F. Reinsdorf, J. Böttcher, R. Well und W. Schäfer
-
(2008) Gas Transport and Mass Transfer within the Vadose Zone. Workshop der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft: „Wasser und Stoffflüsse in der Landschaft - Messung und Modellierung zum Schutz von Boden und Wasser", Kiel, Deutschland
H. Geistlinger, D. Eisermann, Ruijan Jia, J. Böttcher, R. Well und W. Schäfer
-
(2008) Gas Transport and Mass Transfer within the Vadose Zone: Tracer Experiments, 1-D Analytical and 2-D Numerical Modeling. International EGU-conference, Vienna, Austria
H. Geistlinger