Die römischen Amphoren aus dem Augusteischen Militärlager von Dangstetten (Kr. Waldshut). Archäologische, archäometrische und methodische Untersuchungen zu Herkunft, Inhalt, Entsorgung und Überlieferung von Transportbehältern
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft konnten vorn 1.4.2004 bis 31.1.2007 die Amphoren aus dem augusteischen Militärlager von Dangstetten am Hochrhein systematisch untersucht werden. Die Bedeutung dieses Bestandes innerhalb der provinzialrömische Forschung zur frühen Kaiserzeit spiegelt sich in den sehr guten Ergebnissen der Amphorenbearbeitung wider: 2.208 Amphoren wurden in der zwischen 15 und 8 v.Chr. existierenden Militäranlage aufgenommen. Die Materialbasis ist für den engen Zeitrahmen gewaltig und ohne Parallele. Angesichts der guten Grabungs- und Dokumentationsbedingungen erlaubt sie eine Reihe methodischer Überlegungen, insbesondere zur typologischen Definition sowie der Funktion und Interpretation der Amphoren im Befund. 30 Amphorentypen lassen sich in Dangstetten unterscheiden. Ein Drittel von ihnen sind Weinamphoren, es folgen die Behälter für Würzsaucen; Olamphoren machen ein Fünftel aus, und in jeder zehnten Amphore waren eingelegte Oliven und Fruchte. Mehr als die Hälfte der importierten Amphoren stammt von der iberischen Halbinsel, die aus jeweils verschiedenen Regionen Öl und Oliven, Würzsauce und Wein lieferte. Aus Italien kam ausschließlich Wein ebenso aus dem östlichen Mittelmeerraum, von wo die Soldaten zudem eingelegte Früchte bezogen. Die gallischen Einfuhren beschränken sich auf Marseüler Fabrikate von Wein- und Saucenamphoren. Die Materialbearbeitung zeigt, daß eine Reihe von Amphoren einander formal sehr stark gleichen und die betreffenden Stücke nicht ohne Autopsie in ihren formalen wie makroskopischen Eigenschaften zu unterscheiden sind. Das ist besonders für die italischen Dressel l von Bedeutung. Die betreffenden Amphoren sind leicht mit hispanischen Saucenamphoren zu verwechseln. Dieses Ergebnis stellt die absolute Dominanz und den ausschließlichen Import italischen Weins in spätlatenezeitlichen Kontexten in Frage. Geochemische Analysen bestätigen die formale und makroskopische Differenzierung der Dangstettener Amphoren. Notwendige Verfahrensänderungen haben die archäometrischen Untersuchungen um eine Reihe methodischer Vergleiche bereichert. Mit der Fokussierung auf die Optimierung der Probenpräparation für die Anwendung der unterschiedlichen Meßmethoden stellen sie eine wichtige Grundlagenarbeit für künftige Analyseserien dar. Als typologische Besonderheiten des Dangstettener Amphorenbestandes sind drei Beobachtungen hervorzuheben: a) der äußerst geringe Anteil der in nur wenig älteren Kontexten dominanten Dressel 1; b) die unvermutet stark vertretenen adriatischen Weinamphoren der Form Dressel 6A; c) das noch völlige Fehlen der kurze Zeit später im mittleren Rhonetal produzierten und bereits in Haltern und Waldgirmes vertretenen Wein- und Saucenamphoren. Dieselben Merkmale erlauben es, für die Amphoren einen Horizont Nijmegen-Neuss-Dangstetten-Oberaden zu definieren. Der massive Import adriatischer Produkte und ihr fast völliges Fehlen in Wracks vor der südfranzösischen Küste und in Kontexten entlang des Rhönetals legt ihren Transport über Po, Graubündner Pässe und Alpenrheintal nahe. Es scheint, daß — entgegen der üblichen Forschungsmeinung — der Landweg in bestimmten Regionen auch im Ferntransport eine bedeutende Rolle gespielt hat. Die detaillierte Dokumentation von Zerscherbungsgrad, erhaltenen Gefäßteilen und ihrer horizontalstratigraphischen Verteilung im Lager sowie die überraschende Beobachtung von 70 Fällen befundübergreifender Anpassungen von Fragmenten ein und derselben Amphore erlauben modellhafte Aussagen zum Umgang mit Abfall beim frühkais erzeitlichen Militär. Temporäre Müllhaufen scheinen regelmäßig aus dem Lager abgefahren worden zu sein. Liegengebliebene kleine Bruchstücke gelangten im engeren Radius in den Boden, während man größere Scherben gezielt über weitere Strecken heranholte, um offenstehende Strukturen zu verfallen. Die Studie zu den Dangstettener Amphoren erschließt wichtiges frühkais erzeitliches Referenzmaterial und eröffnet unter methodischen Gesichtspunkten für seine typologische Definition, die Anwendung archäometrischer Untersuchungen, die Versorgung der Truppen und die kontextbezogene Auswertung neue Forschungsperspektiven.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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U. Ehmig, Les amphores du camp militaire augusteen de Dangstetten. In: Les denrees en Gaule romaine. Production, consummation, echanges. Table-ronde des 18 et 19 novembre 2004 (Nanterre 2005) 65-67.