Mechanismen der Verarbeitung intersegmentaler Information in lokalen lokomotorischen Netzwerken der Stabheuschrecke
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Tonische Erregung von Motoneuronen und prämotorischen Neuronen, die an der Bewegungssteuerung der Gliedmaßen während der Fortbewegung beteiligt sind, ist bei vielen Tieren ein Grundelement der Aktivitätskontrolle während der Lokomotion. Wir haben im Rahmen des Projekts ein semi-intaktes Präparat einer Stabheuschrecke entwickelt, an dem wir neben den Mechanismen der tonischen Depolarisation von Beinmotoneuronen, die intersegmentale Kontrolle phasischer Membranpotential änderungen untersucht haben. Im sogenannten Einbeinpräparat schreitet ein Vorderbein auf einem Laufband, während Neurone des Mesothorakalganglion, es kontrolliert die Mittelbeine, isoliert pharmakologisch untersucht werden können (in situ). An akut isolierten Beinmotoneuronen (in vitro) haben wir mit Patch-clamp-Untersuchungen überprüft, ob die am semi-intakten Präparat erhobenen Befunde auf direkte Beeinflussung der Motoneurone zurückgehen können. Wir wissen nun, daß als Überträgersubstanz bei der Entstehung der tonischen Erregung Acetylcholin (ACh) beteiligt ist und daß es sehr wahrscheinlich ist, daß ACh direkt an den Motoneuronen wirkt. An der Entstehung der tonischen Depolarisation sind intrazelluläre Botenstoffe beteiligt (Second Messenger). In den Motoneuronen scheint Calcium diese Rolle zu spielen, in prämotorische Neuronen könnte cAMP als Second Messenger fungieren. Die Beteiligung von Second Messengern an der Entstehung der tonischen Depolarisation könnte die trägen Membranpotentialänderungen in den Motoneuronen, etwa bei der Repolarisation nach einer Schrittsequenz, erklären. Die tonische Depolarisation scheint ein Mechanismus allgemeiner Aktivitätssteigerung zu sein, auch bei rhythmischen oder phasischen Vorgängen, das zeigt das generelle Auftreten der tonischen Depolarisation in den verschiedenen Beinmotoneuronen und eine damit einhergehende stärkere Beantwortung depolarisierender Eingänge. Passend zu dieser Interpretation ist der Befund, daß Applikation des Neuromodulators Oktopamin in situ zu einer Vergrößerung der tonischen Depolarisation führt, die wahrscheinlich auf eine Wirkung in prämotorischen Neurone zurückzuführen ist. Wir konnten zeigen, daß pharmakologisch induzierte rhythmische Akfivität in Motoneuronen, die fiir die Vor-und Rückbewegung des Mittelbeins verantwortlich sind, an die Bewegungen des schreitenden Vorderbeins derselben Körperseite angekoppelt wird. Diese intersegmentale Kopplung kann über die Aktivierung von Belastungssensoren (Campaniforme Sensillen) und eines Bewegungssensors (femorales Chordotonalorgan) des Vorderbeins zu erfolgen. Signale des femorale Chordotonalorgan des Mittelbeins, informieren über Bewegung und Stellung des Femur-Tibia-Gelenks. Sie erzeugen im ruhenden Tier einen Widerstandsreflex, der einer aufgezwungenen Bewegung entgegen wirkt. Wir konnten zeigen, daß 58% der Reizungen des Bewegungssensors einen assistierenden Reflex hervorrufen, wenn das Vorderbein auf derselben Seite Schreitbewegungen ausführt. Dabei scheint das Auftreten dieser Reflexumkehr nicht an Stemm- oder Schwingphase des Vorderbeins gebunden zu sein. Schreitbewegungen der Beine auf der dem Bewegungssensor gegenüberliegenden Körperseite führen nicht zu einer Reflexumkehr, was bedeutet, daß die Erzeugung der tonischen Depolarisation nicht mit mit der Modifikation sensorischer Verarbeitung automatisch einhergeht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2005) Intersegmental Influence of Tonic and Phasic Modulation on Leg Motoneurons in Walking Stick Insects. Göttingen Neurobiology Report. Proceedings of the 30th Göttingen Neurobiology Conference 83B: 177
Westmark S., Ludwar B. Ch., Schmidt J.
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(2005) Intersegmental information transfer: activation and coordination in the insect walking system. 98th Annual meeting of the German Zoological Society, DZG
Borgmann A., Schmidt J., Scharstein H., Büschges A.
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(2005) Modulation of Membrane Potential in Mesothoracic Moto- and Interneurons during Stick Insect Front-Leg Walking. J Neurophysiol 94(4): 2772-2784
Ludwar B. Ch., Westmark S., Büschges A., Schmidt J.
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(2005) Modulation of Membrane Potential in Mesothoracic Moto- and Interneurons during Stick Insect Front-Leg Walking. J Neurophysiol. 94(4): 2772-2784
Ludwar B. Ch., Westmark S., Büschges A.. Schmidt J.
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(2006) Motoneuron activity during walking in stick insects involves 2nd messenger pathways. NeuroVisionen 2006, Perspektiven in NRW, Düsseldorf
Westmark, S., Büschges, A., Schmidt. J.
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(2006) Phamacological analysis of tonic input to leg motoneurons during walking in stick insects Proceedings of the 99th Annual Meeting of the DZG (German Zoological Society)
Westmark, S., Borgmann, A., Büschges. A., Schmidt. J
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(2006) Tonic input to leg motoneurons during stick insect walking: A pharmacological analysis. Proc. 36th Neuroscience Conference, Soc. Neuroscience
Westmark S., Borgmann, A., Büschges, A., Schmidt. J.
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(2007) Aminergic modulation of motoneuron activity during walking in stick insects. Meeting of the Deutsche Proceedings ofthe 100th Annual Meeting of the DZG (German Zoological Society)
Westmark S., Schmidt J.
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(2007) Evidence for a role of 2nd messengers in the control of motoneuron activity in the walking stick insect. Proceedings of the 31th Göttingen Neurobiology Conference and the 7th Meeting of the German Neuroscience Society
Westmark S., Schmidt J.
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(2007) Organizing Network Action for Locomotion: Insights from Studying Insect Walking Brain Research Reviews 57: 162-171
Büschges, A., Akay, T., Gabriel, J.P., Schmidt J.
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(2008) Effects of Cholinergic Ligands on Isolated Identified Leg Motoneurons of Stick Insects. Meeting of the Deutsche Proceedings of the 101st Annual Meeting of the DZG (German Zoological Society)
Oliveira EE, Schmidt J, Büschges A, Salgado VL, Kloppenburg P