Zur Funktion des Gens SALL4 und seiner Bedeutung für die Pathogenese des Okihiro-Syndroms
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Okihiro-Syndrom ist ein autosomal-dominant vererbtes Fehlbildungssyndrom mit großer Ähnlichkeit zum Holt-Oram-Syndrom und zum Bild der Thalidomid(Contergan)-Embryopathie. Charakteristisch sind Fehlbildungen der oberen Extremitäten sowie eine Duane-Anomalie, eine besondere Form des Schielens. Die von uns entdeckte Ursache der Erkrankung sind Mutationen in SALL4, einem Zinkfmger-Transkriptionsfaktor-Gen, welches eng mit dem Gen spalt von Drosophila melanogaster verwandt ist. £4ZZ4-Mutationen sind daneben auch ursächlich für das "Aero-Renal-Ocular"-Syndrom und konnten von uns auch bei Patienten mit den klinischen Diagnosen Holt-Oram-Syndrom oder (fragliche) Thalidomid-Embryopathie als krankheitsverursachend beschrieben werden. Es war unklar, ob eine Dosisreduktion des SALL4- Proteins zur Erkrankung fuhrt oder ob eine dominant-negative Wirkung der Mutationen den Phänotyp erklärt. Über die physiologische Funktion des Gens war ebenso nichts bisher bekannt. Im Rahmen des beantragten Projekts suchten wir nach Protein-Interaktionspartnern von SALL4, insbesondere im Hinblick auf eine Rolle der entsprechenden Gene in klinisch verwandten Fehlbildungssyndromen. Eine Reihe von Interaktionspartnern konnte identifiziert werden, von denen CyclinDl im Detail untersucht wurde. Beide Proteine, SALL4 und CyclinDl, wurden im Zellkern in überlappenden punktformigen Strukturen ko-lokalisiert. SALL4 konnte als transkriptioneller Represser im untersuchten System charakterisiert werden, wobei die Aminosäuren l bis 320 die stärkste Repressoraktivität zeigten. Diese Repressoraktivität wurde durch die Interaktion mit CyclinDl gesteigert. Nachdem sich die Suche nach Zielgenen technisch schwierig gestaltete, untersuchten wir zunächst den SALL4-PiQmotor. Hier konnten wir eine Aktivierung des SALL4-Promotors durch LEF1/TCF1 und TCF4 innerhalb des kanonischen WNT-Regulationswegs nachweisen. Überraschend war, daß die Interaktion von SALL4 mit CyclinDl schließlich wegweisend für die erfolgreiche funktionelle Analyse eines neuen Krankheitsgens wurde, welches wir mittels Array- CGH identifiziert hatten. Dieses Gen, FAM58A, liegt auf Xq28 und kodiert für ein Protein mit einer "Cyclin-box-fold"-Domäne. Aufgrund unserer Daten zu SALL4 und der Ähnlichkeit der Erkrankung, jetzt STAR-Syndrom genannt (erste Fallbeschreibung 1996 durch Green et al., OMIM 601446), zum Townes-Brocks-Syndrom, verursacht durch £4L£7-Mutationen, untersuchten wir, ob FAM58A mit S ALL l oder SALL4 interagiert. In der Tat konnten wir eine Interaktion von FAM58A mit S ALL l, aber nicht mit SALL4 nachweisen. Das beantragte Projekt hat also erstmals eine Interaktion von SALL-Proteinen mit Cyclinen nachweisen können, damit eine erste funktionelle Einordnung eines neuen Krankheitsgens ermöglicht und zur erstmaligen Beschreibung einer Rolle von Cyclinen bei der Entstehung von Fehlbildüngen beigetragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Böhm J, Kaiser FJ, Borozdin W, Depping R, Kohlhase J. 2007. Synergistic cooperation of Sall4 and Cyclin Dl in transcriptional repression. Biochem Biophys Res Commun 356:773-779.
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Böhm J, Sustmann C, Wilhelm C, Kohlhase J. 2006. SALL4 is directly activated by TCF/LEF in the canonical Wnt signaling pathway. Biochem Biophys Res Commun 348:898-907.
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Böhm J. 2007. Untersuchungen zur Regulation und Funktion der sal-ähnlichen Gene bei Mensch und Maus [PhD thesis]: University of Freiburg. 142 p.