Aktive Schallverarbeitung im Gehör von Säugern und Insekten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Insekten: Schallemissionen aus dem Insektenohr (Distorsionsprodukt otoakustische Emissionen, DPGAE) konnten erstmals am sehr einfachen Tympanalorgan nolodontider Nachtfalter, welches nur eine Sinneszelle aufweist, erfaßt werden. Überraschenderweise waren die DPGAE sehr sensitiv, metabolisch störbar und sie konnten bis ca. 95 kHz gemessen werden. Die Ergebnisse legen nahe, daß nichtlineare mechanische Verstärkung eine ganz grundlegende Voraussetzung für die Reizverarbeitung in Hörorganen darstellt. Die pegelabhängigen Charakteristika von DPOAE von Nachtfaltern unterscheiden sich deutlich von denjenigen von Vertebraten und können modelliert werden wenn, man eine sehr asymmetrische Reiztransduktion voraussetzt, wie sie nicht in Haarzellen, wohl aber in skolopidialen Insektensinneszellen elektrophysiologisch dokumentiert ist. Dies gibt den deutlichen Hinweis, daß die OAE tatsächlich von der Reiztransduktion in den Sinneszellen abhängen, ähnlich wie dies bei Vertebraten der Fall ist. Spezifische Läsionen sowie elektrische Reizung von Sinneszellen im Tympanalorgan von Feldheuschrecken zeigen eine frequenzspezifische Beteiligung der Zellen an der nichtlinearen Hörverarbeitung in Schwellennähe auf. Es ist erstaunlich, wie trotz deutlicher morphologischer Unterschiede der Gehörorgane von Insekten und Vertebraten, dennoch ähnliche Prinzipien sensitiver Hörverarbeitung und der direkten Einbindung der Sinneszellen in die mechanische Verarbeitung konvergent entstanden sind. Säuger: Die efferente Beeinflussung des Innenohrs von Säugern wurde an Fledermäusen, Wüstenrennmäusen und Menschen untersucht. An der Fledermaus C per.spicillala wurde gezeigt, daß kontralaterale Beschallung mit akustischem Rauschen, welches die Efferenzen aktiviert, bereits ab sehr leisen Pegeln von 10-20 dB SPL einen frequenzspezifischen Einfluss auf DPGAE der ipsilateralen Cochlea hat. Die wirksamen kontralateralen Pegel sind niedriger als bei allen anderen bislang untersuchten Säugern. Dies macht diese Spezies zu einem sehr guten Modellorganismus für efferente Studien. Zur Wirkungsweise der Efferenzen existieren viele Thesen, aber aufgrund der anatomischen und physiologischen Komplexität des Innenohrs, nur wenig eindeutige Daten. Wir konnten an Wüstenrennmäusen zeigen, daß kontralaterale Aktivierung der Efferenzen präferentiell die f2-f1 DPOAE moduliert; die beobachteten Modulationsmusler stehen sehr gut im Einklang mit einem Modell nichflinearer Transduktion, bei welchem der Operationspunkt des cochleären Verstärkers durch die Efferenzen verschoben wird. Dieselben Modulationsmuster wurden auch erzielt bei Verschiebung des Operationspunktes durch einen ipsilateral präsentierten, lauten tiefrequenten „Bias"-Stimulus. Damit haben wir sehr spezifische Hinweise, daß die Efferenzen tatsächlich über eine Kontrolle des Gperationspunktes cochleärer Verstärkung agieren. Bislang war dies zwar vermutet worden, konnte aber in invasiven physiologischen Versuchen nicht zufriedenstellend gezeigt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2005) Acetylcholine is a transmitter candidate in sensory neurons of the bushcricket ear (Mecopoda elongata). Proc 6th Meeting German Neurosci Soc. In: Neuroforum 9 (Suppl.), Feb. 2005, p 94A
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(2006) Active hearing in the bushcricket, Mecopoda elongata. FENS Abstr., vol. 3, A038.25
Weber M, Baumgarten D, Winter H, Kössl M, Seyfarth E-A
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(2006) Frequency-specific contralateral influence on DPOAE in the short-tailed fruit bat. FENS Abstr 3:A 038.4
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(2008) Otoacoustic emissions from insect ears: evidence of active hearing? J Comp Physiol A194: 597-609
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(2008) Schallemissionen aus Insektenohren: Hinweis auf aktives Hören? Neuroforum 1/2008: 166- 173
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(2008) Strain-Dependence of Age-Related Hearing Loss in Wild and Domesticated Mongolian Gerbils. Assoc Res Otolaryngol Abs 691
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