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Kohlenstoff-Aerogele als Binder für Giessereisande

Fachliche Zuordnung Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2004 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5428755
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wurden aus Giessereisanden, die mit polymeren Aerogelen auf Basis von Resorcin-Formaldehyd (RF) gebunden wurden, Kohlenstoff-Aerogel gebundene Sande durch Pyrolyse unter Inertgas hergestellt. Es wurden viele gängige Gießereisande (Quarzsande, Aluminiumoxid, Zirkonoxid, Olivin, Cerabeads) verwendet. Mit Ausnahme von Olivin ließen sich aus allen Sanden Kohlenstoff-Aerogele gebundene herstellen. Damit existiert ein nicht-organisches Bindersystem, bei dem während des Giessens kein Gasstoss freigesetzt wird (von sehr geringen Mengen absorbiertem Wasser abgesehen). Die Biegebruchfestigkeit der ursprünglichen RF-Aerosande (durch RF-aerogel gebundenen Sande) ändert sich durch eine Wärmebehandlung im Vakuum oder Inertgas so, dass unabhängig von der Bindermenge, Sandtyp und Korngröße, ein Maximum an Festigkeit nach eine einstündigen Behandlung bei 250°C erzielt wird. Die Umwandlung der Binderbrücken aus RF-Aerogel zu reinem, amorphen Kohlenstoff-Aerogel bei Temperaturen von 750°C und mehr reduziert die Festigkeit, da im Rasterelektronenmikroskop kleine Risse in den Binderbrücken nachgewiesen werden konnten. Dennoch ist insbesondere bei Cerabeads und Aluminiumoxid die Festigkeit der C-Aerosande ausreichend für eine praktische Anwendungen. Die Biegebruchfestigkeit steigt mit steigendem Binderanteil und sinkt mit der Quadratwurzel der Sandkorngröße. Dieser Effekt wurde theoretisch durch ein modifiziertes Griffith-Kriterium für den Sprödbruch beschrieben. C-Aerosande lassen sich einfach thermisch an Luft zersetzen. Ab 480°C oxidiert das Kohlenstoffaerogel und die Zersetzungsrate hängt linear von der Zeit ab. Der Oxidationsprozess ist thermisch aktiviert Die Aktivierungsenergie ist kleiner, als die von massivem amorphem Kohlenstoff, was auf die Nanostruktur der Binderbrücken zurückgeführt werden kann. Röntgenografisch wurde nachgewiesen, dass mit Ausnahme von Olivinsanden, während des Pyrolyseprozesses keine Reaktion zwischen amorphem Kohlenstoff und den Sanden auftritt. Die Wärmeleitfähigkeit der C-Aerosande wird bestimmt von den Sanden und ihrer Packungsdichte. Die aerogelen Brücken haben einen geringen Einfluss. Die spezifische Oberfläche von C-Aerosanden ist deutlich größer als die der reinen Sande, da insbesondere bei erhöhtem Binderanteil der volumenmäßige Anteil von Aerogel bis auf ca. 45% steigen kann. Der erste Trocknungsschritt zur Erzeugung eines C-Aerosandes, d.h. die Umwandlung eines nassen Sand-Gelkörpers in einen trockenen, wurde detailliert untersucht und es zeigt sich, dass die Trocknungszeit von der Sandart und Sandkorngröße unabhängig ist. Sie steigt mit dem Bindergehalt, sinkt mit steigender Trocknungstemperatur und steigt linear mit der Probenlänge. Eine Analyse ergibt, dass kapillare Flüssigkeitsströmung an die Probenoberfläche durch das Nanonetzwerk des Aerogels die Trocknung bestimmt. Damit können Voraussagen zur Trocknungsdauer realer Kerne und Formen gemacht werden. Die Gasdurchlässigkeit von Form- und Kernwerkstoffen ist eine wichtige Größe, da bei jedem Gießprozess Gase entstehen (Zersetzung des Formstoffes, Desorption von Wasserdampf aus dem Porenraum, Gasentwicklung aus der Schmelze). Eine unzureichende Gasdurchlässigkeit kann zu Gussfehlern führen. Im Rahmen des Projektes wurde eine neue Messmethode zur Ermittlung der Permeabilität entwickelt, an bekannten Materialien getestet und zur Charakterisierung der AeroSande eingesetzt. Bei der neuen Methode wird der Druckanstieg in einem Testvolumen gemessen. Die Druckänderung erfolgt durch das Einströmen von Luft durch den dünnen porösen Körper (hier Aerosand). Das dafür entwickelte theoretische Modell erlaubt einen Ein-Parameter-Fit, bei dem nur die Permeabilität eine unbekannte Größe ist. Die gemessenen Druck-Zeit-Kurven passen extrem gut zu den theoretischen Vorhersagen. Dabei ergaben sich überraschende Befunde, die Bedeutung für die Formstoffkunde allgemein haben könnten. Die Permeabilität eines porösen Körpers ist eine Größe, die durch seine charakteristischen geometrischen Dimensionen eindeutig bestimmt werden (z.B. Volumengehalt fester Phase und eine charakteristische Länge wie die Korngröße). In jedem Fall sollte die Permeabilität nicht von der über den Prüfkörper angelegten Druckdifferenz abhängen, solange keine turbulenten Verluste auftreten. An gesinterten Glaskörpern konnte dies bestätigt werden. Sande, die durch RF-Aerogele oder andere Binder, wie Wasserglas, gebunden werden zeigen hingegen eine Druckabhängigkeit der Permeabilität. Diese scheinbare Abhängigkeit konnte auf die Existenz von sogenannten Rattlern, freien ungebundenen Teilchen, zurückgeführt werden. Je größer die Druckdifferenz, desto größer die Strömungsgeschwindigkeit im Sandkörper und desto eher bewegen sich Körner und schließen Poren. Aus den Messungen der scheinbaren Permeabilität kann der Anteil ungebundener Körner bestimmt werden. Er ist im allgemeinen klein (< 5%). Aerogelgebundene Sande weisen einen geringeren Anteil Rattler auf als anders gebundene Sande. Die neue Meßmethode erlaubt somit, die Qualität der Bindung in einem Formsand festzustellen. Da formaldehydbehaftete RF-Aerogel durchaus nicht unproblematisch sind und in Zuge verschärfter Umweltauflagen eventuell durch andere ersetzt werden müssten, wurden alternative Wege zur Herstellung von RF-Aerogelen untersucht. Dabei gibt es auch andere technisch wichtige Aspekte, wie z.B. Verkürzung der Gelationszeiten durch Einsatz anderer Katalysatoren, Vermeidung von metallischen Spuren im Aerogel durch Katalysatoren, die alkalifrei sind usw. Es wurden deshalb zahlreiche andere Systeme Resorcin-Wasser-X mit Katalysatoren aus Salzsäure, Essigsäure, Ammoniumcarbonat, Ammoniumcarbamat und Zitronensäure untersucht. X steht hierbei für Glyoxal, Vanillin, Zimtaldehyd, Proprionaldehyd und andere höherwertige Aldehyde. Katalyse mit Salzsäure erzeugt RF-Aerogele mit Gelierzeit im Bereich von Sekunden selbst bei großen Proben und zudem haben die kolloidalen Teilchen praktisch immer eine kugelige Morphologie (im Gegensatz zu den meisten anderen Katalysatoren). Essigsäure und Zitronensäure sind geeignete Katalysatoren, haben aber keinen besonderen Vorteil gegenüber dem klassischen Natriumkarbonat. Mit praktisch allen Aldehyden lassen sich Aerogele herstellen, die aber oft keine ausgeprägte feine Nanostruktur besitzen. Die Gelationszeiten sind bei den höherwertigen Aldehyden im Bereich vieler Tage bis Wochen unter Abspaltung großer Wassermengen. Bisher gibt es im wesentlichen keine praktikable, formaldehydfreie Prozedur zur Herstellung von polymeren Aerogelen und daraus abgeleiteten Kohlenstoff-Aerogelen, die als Binder für Formsande eingesetzt werden könnten. Forschungsarbeit zur Entwicklung alternativer Routen wird unabhängig vom Ende des Projekts weiter geführt. Insgesamt hat das Projekt erfolgreich C-Aerosande hergestellt und charakterisiert. Für uns sind zwei Ergebnisse herausragend: Die Abhängigkeit der Biegebruchfestigkeit von der Anlasstemperatur bei einer Wärmebehandlung im Vakuum und die Möglichkeit aus der Permeabilität für Gase den Anteil ungebundener Sandkörner zu bestimmen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Aerogele - Leichtgewichte mit extremen Eigenschaften, Vortrag in der Space Academy des DLR 2005
    Reuß, Michael, Steinbach, Sonja
  • Gelation of Hybrid Aerogels in Parabolic Flights and on the ISS. Microgravity Science and Technology , 16 (2005) 31-34
    Brück S, Reuß M, Richter H.-E., Klein H, Haubner P, Ratke L
  • (2006) RF-Aerogele -Herstellung und Anwendung-. In: Polymerwerkstoffe P2006, 2006-09-27 - 2006-09-29, Halle/Saale (BRD)
    Reuß, Michael, Ratke, Lorenz
  • (2007) Aerogels - a kind of ceramic? -Properties and Applications-. In: Goldschmidt Conference 2007, August 2007, Köln (BRD)
    Reuß, Michael, Lisinski, Susanne
  • (2007) Resorcinol-Aldehyde Aerogels - new types of organic aerogels. In: XIVth Sol-Gel Conference, 2007, Montpellier (France)
    Reuß, Michael, Ratke, Lorenz
  • (2007) Synthesis and properties of HCl-catalysed RF- aerogels. In: XIVth International Sol-Gel Conference, 2007, Montpellier (France)
    Reuß, Michael und Ratke, Lorenz
  • Skript zur Kölner Sommerschule „Aerogele“ 2008, DLR Köln 2008
    Hüsing N, Ratke L, Reuss M, Lisinski S, Milow B, Hoepfner S, Reichenauer G, Holzbock J, Waitzinger M
  • Subcritically dried RF-aerogels catalysed by hydrochloric acid. J Sol-Gel Sci Tech 47 (2008) 74-80
    Reuß M, Ratke L
  • (2009), RF-aerogels catalysed by ammonium carbonate. J Sol-Gel Sci Tech 53 (2009) online
    Reuß M, Ratke L
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s10971-009-2060-9)
  • Characterisation of Carbon-AeroSands. International Foundry Research , 61 (2009) 24-33
    Reuß, M, Ratke, L
 
 

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