Untersuchung von Giften südamerikanischer Schlangen und anderer Gifttiere auf Inhibitoren von kollagen- und lamininbindenden Integrinen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Brasilien, wie auch der Rest Südamerikas, besitzt eine sehr große Biodiversität, darunter eine große Vielfalt an Tieren, die zur Abwehr und zum Beutefang Gifte entwickelt haben. Diese Gifte schalten im Opfer lebensnotwendige Organsysteme und ihre Funktionen ab. Da die extrazelluläre Matrix (ECM) und ihre Zellrezeptoren, darunter Integrine, essentiell für die Integrität und Funktion der Gewebe verantwortlich sind, gingen wir von der Hypothese aus, dass diese Tiergifte unbekannte Inhibitoren von Zell-ECM-Kontakte enthalten. Die in meinem Labor rekombinant hergestellten, löslichen Integrine, die Kollagene oder Laminine erkennen, sind ideale Werkzeuge, um in einem Protein-Interaktionstest diese Inhibitoren in Rohgiften nachzuweisen. So wurden mehrere Tiergifte mit hohem Integrininhibitorpotential identifiziert. In Kooperation mit der brasilianischen Forschergruppe von Profa. Dr. S. Gomes Figueiredo entdeckten wir im Gift des Skorpionsfisches (Scorpaena plumieri) Plumieribetin. Dieses B-Lektin inhibiert die Bindung des a1ß1 Integrins an Kollagen, nicht aber das andere kollagenbindende Integrin a2ß1. Interessanterweise gehört Plumieribetin keiner der bislang bekannten Proteinfamilien mit integrininhibierender Wirkung, z.B. Disintegrinen oder C-Typ Lektin-ähnlichen Proteinen, an. Seine Primär- und Sekundärstruktur ordnen das Plumieribetin in die Gruppe der B-Lektine ein, die bislang nur in monokotyledonen Pflanzen beschrieben worden sind. Wie diese bindet Plumieribetin auch mannosehaltige Kohlenhydratketten, wenn auch mit geringer Affinität. Deshalb wurde für die B-Lektine bislang eine Resistenzfunktion in der Abwehr von Viren und anderen Pathogenen zugeschrieben. Das Plumieribetin mit seiner a1ß1 integrinhemmenden Wirkung fügt der B-Lektinfamilie eine neue Funktion hinzu. Auf zellulärer Ebene konnten wir zeigen, dass Plumieribetin durch Hemmung des a1ß1 Integrins das Spreizen a1ß1 integrinhaltiger Zellen, z.B. RuGli Gliomazellen, HepG2 Hepatozellulärer Karzinomazellen und HuASMC arterieller Gefäßmuskelzellen, auf Basalmembrankollagen deutlich vermindert. Der IC50-Wert liegt allerdings im mikromolaren Bereich, so dass eine medizinische Anwendung des Plumieribetin sehr unwahrscheinlich ist. Trotzdem ist der molekulare Wirkungsmechanismus und die Struktur der Interaktionsfläche des Plumieribetins mit a1ß1 Integrin von großem Interesse, um in Zukunft einen a1ß1 integrinspezifischen Hemmstoff zu entwickeln, um Krankheiten unter a1ß1 Integrinbeteiligung, z.B. Psoriasis, zu behandeln. In Zusammenarbeit mit der brasilianischen Arbeitsgruppe von Prof. Dr. E. Sanchez zeigten wir, welche ECM Proteine und Integrine durch die Schlangengiftproteinase, Atroxlysin-I, gespalten werden, was die hämorrhagische, gefäßzerstörende Wirkung dieses Giftes erklären könnte. Eine vollkommen neue Erkenntnis war, daß Jararaghin, eine andere hämorrhagische Schlangengiftproteinase, nicht nur ECM Moleküle spaltet, sondern auch ohne Proteolyse sowohl das a2ß1 Integrin als auch Kollagen mit hoher Affinität bindet. Die pathologische Konsequenz dieser Beobachtung, auch im Hinblick auf die Behandlung von Schlangengiften, wird in weiteren Versuchen, zusammen mit Profa. Dr. A.M. Moura da Silva, untersucht. Schlangengifte sind in Brasilien und ganz Südamerika ein ernstzunehmendes Problem. Die Auflösung des Wirkmechanismus von Schlangengiftkomponenten hilft neue Strategien zur Behandlung von Vergiftungen mit Tiergiften zu entwickeln. Über meine Arbeit an Integrininhibitoren aus Schlangengiften wurden in folgenden öffentlichen Medien berichtet: Gesundheitsmagazin „Visite“ (NDR), Wissenschaftsendung „Logo“ (NDR-Hörfunk), Lokalzeit Münsterland (WDR), Wissenschaftsendung „Xenius“ (Arte), WissenPlus (Bertelsmann-Verlag), Biopsektrum (Zeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Freie Fahrt fürs flüssige Blut: Gerinnungshemmende Wirkstoffe aus Schlangengiften. Chemie in unserer Zeit 40: 326-337, 2006
Eble JA
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Integrins in cancer treatment. Current Cancer Drug Targets 6: 89-105, 2006
Eble JA, Haier J
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Richardsom M: Structural and functional characterization of a P-III metalloproteinase, leucurolysin-B, from Bothrops leucurus venom. Arch Biochem Biophys 468: 193-204, 2007
Sanchez EF, Gabriel LM, Gontijo S, Gremski LH, Veiga SS, deSantana Evangelista K, Eble JA
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Collagen binding is a key factor for the hemorrhagic activity of snake venom metalloproteinases. Biochimie 90: 484-492, 2008
Moura da Silva AM, Ramos OH, Baldo C, Niland S, Hansen U, Ventura JSF, S., Butera D, Della Casa, M.S., Tanjoni I, Clissa PB, Fernandes I, Chudzinski-Tavassi AM, Eble JA
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The C-terminus of the y2 chain but not of the ß3 chain of laminin-332 is indirectly but indispensibly necessary for integrin-mediated cell reactions. Exp Cell Res 314: 489-497, 2008
Navdaev A, Heitmann V, deSantana Evangelista K, Mörgelin M, Wegener J, Eble JA
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P-III metalloproteinase (leucurolysin-B) from Bothrops leucurus venom: isolation and possible inhibition. In: Drug Design of Zinc-Enzyme Inhibitors (C. T. Supuran and J.-Y. Winum, eds), 789-812, 2009
Sanchez EF, Eble JA
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Structural requirements of KTS-disintegrins for inhibition of a1ß1 integrin. Biochem J 417: 95-101, 2009
Brown MC, Eble JA, Calvete JJ, Marcinkiewicz C