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Persönlichkeit in der Bewerbung? - Performative Regeln im Verkauf der Arbeitskraft

Subject Area Empirical Social Research
Term from 2004 to 2007
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5430909
 
Final Report Year 2007

Final Report Abstract

Den Persönlichkeitseigenschaften und sozialen Kompetenzen von Bewerbern wird in der Personalauswahl eine große Bedeutung zugemessen. In einer qualitativen empirischen Untersuchung wurden mit Personaleinstellern aus 17 Unternehmen und mit 20 BewerberInnen offene, leitfadengestützte Interviews geführt, die Personalauswahl in einem chemisch-pharmazeutischen Unternehmen auch teilnehmend beobachtet untersucht, eine Messe ausstellender Bewerberinnen beobachtet und in zwei weiteren Fallstudien Vorstellungsgespräche beobachtet. Alle Personaleinsteller betonten die zentrale Bedeutung der außerfachlichen Kriterien. Allerdings wird eine entsprechende fachliche Passung vorausgesetzt. Da diese in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit in der Regel bei einer ausreichenden Zahl von Bewerberinnen gegeben ist, werden soziale Kompetenzen und Persönlichkeitseigenschaften oft zum ausschlaggebenden Einstellkriterium. Eine genauere Analyse zwingt jedoch zu einer differenzierenden Betrachtung. Zwar betonen alle Einsteller die Bedeutung von Persönlichkeitseigenschaften und sozialen Kompetenzen, doch verstehen sie in verschiedenen Arbeits- und Branchenkontexten hierunter sehr Verschiedenes. In einigen Bedeutungsclustern sind recht traditionale Arbeitstugenden angesprochen. Erkennbar wird in vielen Fällen eine Verschiebung des Sinngehalts von einer nichtreflexiven zu einer reflexiven sozialen Kompetenz, in der es um die Kommunikations- und die Reflexionsfähigkeit sozialen Handelns geht. Auch in den Persönlichkeitseigenschaften spielen häufig reflexive Momente eine Rolle, etwa im Verhältnis zu den eigenen Arbeitsweisen und -motiven sowie zur Erwerbsbiographie. Dies korrespondiert mit veränderten Anforderungen der Arbeit in distanzierteren Kooperations- und Teamstrukturen, im Kundenkontakt und mit einer Relativierung der reinen Fachlichkeit gegenüber Anforderungen der überfachlichen Kommunikationsfähigkeit. Die Identifizierung der außerfachlichen Kompetenzen ist zudem in eine zunehmend organisatorisch rationalisierte Auswahlorganisation integriert, in der sie überwiegend erst in einer fortgeschrittenen Phase der Personalauswahl in die Aufmerksamkeit gerät. Die Auswahlorganisation wird zunehmend effektiviert und standardisiert, so dass nicht von einer größeren Personorientierung des BewerbungsVerfahrens gesprochen werden kann. Insgesamt fungieren Termini wie soziale Kompetenzen somit als vage Leitbegriffe, deren Sinngehalt jedoch variiert. Relevante Entwicklungen werden eher deutlich, nimmt man die Veränderungen des Sinngehalts in den Blick. Zwar steht der Wert der Authentizität bei den Personaleinstellern ganz hoch im Kurs, sie wird jedoch funktional als Voraussetzung treffsicherer Bewerbereinschätzung und Prognosefähigkeit betrachtet. Hieraus resultiert für das Verhalten der Bewerber das Authentizitätsparadox, authentisch die spezifischen Erwartungen der Einsteller erfüllen zu sollen. Die Umgangsweisen der Bewerberinnen mit der Bewerbungssituation unterscheiden sich wesentlich in der Bedeutung authentischen Verhaltens. Es ist an eine bereits entwickelte Arbeitsidentität und eine individuelle Arbeitsmarktsituation gebunden, die Bewerberinnen vom unmittelbaren Druck des Bewerbungserfolgs entlastet. Damit kontrastieren reale Bewerbungsinteraktionen zu den Leitbildern der Bewerbungsratgeber, von denen die Arbeitsmarktbedingungen ausgeblendet werden. Nur auf diese Weise können sie davon ausgehen, dass es im Interesse der Personaleinsteller und der Bewerber ist, ein optimales Matching zwischen Stelle und Bewerberpersönlichkeit zu ermöglichen, wofür authentische Selbstdarstellung Voraussetzung ist. In der ausdifferenzierten Bewerbungsindustrie werden Selbstvermarktung und Authentizität so als gleichrangige und vereinbare Werte konstruiert. Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Projekts, dass sich die Prozesse der Vermarktlichung und Subjektivierung der Arbeit auch in der Personalrekrutierung niederschlagen. Sie sind allerdings gebrochen durch die Dominanz einer rationalisierten Auswahlorganisation. In der Bewerbungsinteraktion erweist sich die gute Verkäuflichkeit der Arbeitskraft als Voraussetzung für ein authentisches Bewerbungsverhalten.

 
 

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