Detailseite
Projekt Druckansicht

Fischart im Kontext. Wissen in parodistischer Literatur des 16. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2004 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5431227
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte die Literatur des 16. Jahrhunderts und ihre Kontexte am Beispiel des frühneuzeitlichen Verfassers Johann Fischart und seines Romans Geschichtklitterung, bei dem es sich um eine deutsche Übertragung von François Rabelais’ Gargantua handelt, die durch eine Fülle von Zusätzen und Interpolationen aus zeitgenössischer Wissensliteratur (Medizin, Jurisprudenz, Theologie, Geschichtschreibung, Sprachreflexionen etc.) erweitert wurde. Die Rekurse auf Wissen aller Art erfolgen dabei parodistisch. Ziel des Projekts war die Aufarbeitung verschiedener diskursiver Formationen des 16. Jahrhunderts und die Untersuchung ihrer poetischen Transformationen in Fischarts Roman. Medizinische Diskurse der Zeit, insbesondere der Affektdiskurs, das diätetische Schrifttum und die Pharmakognostik, waren im Projekt Gegenstand der Untersuchungen. Auf breiter Quellenbasis wurden im Projekt auch die Gelehrtenkultur des Humanismus mit ihren Bildungs- und Erziehungskonzepten, ihren philologischen Praktiken (Editorik und Lexikographie) und ethischen Programmen auf ihre Umsetzung in den Romanen Rabelais’ und Fischarts hin befragt. Sprachreflexionen der frühen Neuzeit, insbesondere in Ursprachenentwürfen, den Etymologieverständnissen, im Kratylismus und in der Lexikographie, wurden mit den Sprachspielen in Fischarts Roman in Beziehung gesetzt. Schließlich wurde auch untersucht, wie der enzyklopädisch-parodistische Roman mit den literarischen Traditionen umgeht, und welche Rolle hier komische Brechungen spielen. Einbezogen wurden in die Untersuchungen auch von Fischart verfasste und herausgegebene Fachschriften. Im Falle dieses Autors stellen diese Publikationen ein Relais dar zwischen den Wissensformationen der Zeit und der spezifisch poetischen Produktion Fischarts. In den Untersuchungen zeigte sich auf verschiedenen Feldern, dass Fischarts Roman einen Gegendiskurs zu den Wissensformationen seiner Zeit etabliert. Dieser kann sich einerseits als Komisierung von Wissen entfalten, andererseits als literarisch inszenierter Kommentar auf das Wissen. In den Wissensformationen bewältigte und disziplinierte Kontingenzen werden im Roman ausgestellt. Das Wissen seiner Zeit wird insbesondere als Material für eine kreative Arbeit an der Sprache dienstbar gemacht, der Erfindung von Neologismen und der Proliferation einer Narrensprache. In diesem Projekt konnte in enger Kooperation mit weiteren Forschungseinrichtungen die literaturhistorische Forschung zum 16. Jahrhundert auf ein neues Fundament gestellt sowie literaturtheoretisch das Verhältnis von Wissen und Literatur für die Vormoderne präzisiert werden.

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung