Kommentierte Gesamtedition der `Ilias Homeri` des Johann Baptista Rexius
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die um 1584 entstandene Jlias Hörnen' des Johannes Baptista Rexius (ca. 1565-1598) ist die erste deutsche Prosaübertragung der ,Ilias' Homers. Sie steht am Beginn des Bemühens, das griechische Epos einem deutschsprachigen Publikum zu vermitteln, das mit der 1793 gedruckten Hexameter-Übertragung des Johann Heinrich Voß ein vorläufiges Ende gefunden hat. Überliefert in nur einer einzigen Handschrift, im Codex XI 585 der Stiftsbibliothek St. Florian, wurde die ,Deutsche Ilias' des Rexius 1929 von Richard Newald durch eine Teiledition sowie durch eine ausführliche Untersuchung publik gemacht. Seither blieb sie von der Forschung weitgehend unbeachtet. Die erste vollständige Ausgabe der ,Deutschen Ilias' stellt dem deutschen Text die lateinische ,Ilias'-Übertragung Lorenzo Vallas (fortgeführt von Francesco Griffolini) synoptisch gegenüber, die Rexius für seine Jlias'-Verdeutschung als Vorlage gedient hat. Dadurch wird erstmals auf solider Textbasis eine Würdigung der Übersetzungsleistung des Rexius möglich. Ein ausführlicher Stellenkommentar sowie ein der Textausgabe beigefügtes Glossar wollen durch sprachliche, inhaltliche wie auch Sacherklärungen das Textverständnis der ,Deutschen Ilias' erleichtern. Zugleich wird im Kommentar das Verhältnis von Übersetzung und Vorlage stellenbezogen erläutert. In einer ausfuhrlichen Einleitung zur Textausgabe werden Autor, Werk, Überlieferung, Übersetzungsvorläge sowie das Verhältnis von Übersetzung und Vorlage skizziert. Das Bild des bislang weitgehend unbekannten Johannes Baptista Rexius erhält nunmehr schärfere Konturen; Rexius war ein gebildeter Homerübersetzer, der in enger verwandtschaftlicher - sein Stiefvater war der Wiener humanistische Dichter Elias Corvinus (1537-1602) - und geistiger Verbindung mit dem humanistischen Kreis an der Wiener Universität in Verbindung stand, und dessen ausgesprochen historisch-geographisches Interesse durch eine umfangreiche Privatbibliothek belegt ist. Im Verhältnis zu ihrer lateinischen Vorlage, der Prosa-Jlias' Lorenzo Vallas, erweist sich die ,Deutsche Ilias' als Werk eines sprachkompetenten und souveränen Übersetzers, der seine Vorlage für ein Publikum bearbeitet. Nicht durch inhaltliche, sondern durch syntaktische Komprimierung vermag er die Handlung zu straffen. Zugleich vereinfacht Rexius die Erzählung vom Trojanischen Krieg vor allem in Hinsicht auf die griechische Mythologie durch einheitliche Namengebung der Heroen und Götter, durch Auslassung zahlreicher Herkunfts- und Vorgeschichten von Nebenfiguren der Jlias'. Durch die Adaption antiker Verhaltensmuster und Gegenstände an äquivalente neuzeitlich Verhaltensweisen und Gegenstände, vor allem im Bereich der Religion und des Kriegswesens, vermag Rexius schließlich die Alterität der ,Ilias' für ein Publikum des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu überbrücken und ihm die Erzählung vom Trojanischen Krieg zugleich inhaltsgetreu und gegenwartsnah zu vermitteln. Daß Rexius die ,Ilias' für ein Publikum - und nicht aus privatem Interesse (so Richard Newald) - verdeutscht hat, daß die Übersetzung mithin auf dem Weg der Verbreitung gewesen ist, zeigt der kodikologische Befund der einzigen erhaltenen Handschrift. In ihr wurde die erste, wohl beschädigte Lage durch die erste Lage einer anderen Handschrift ersetzt. Der Befund des im Codex aus St. Florian verwendeten Papiers zeigt, daß diese Handschrift offenbar zur gleichen Zeit und am selben Ort wie die erste Handschrift entstanden ist. Beide im Codex vereinigte Handschriften dürften daher in einem professionellen Schreibbetrieb entstanden sein. Da zudem eine ,Ilias Homeri teutsch Rexij' im Nachlaßverzeichnis des Rexius belegt ist, ist die hier edierte ,Ilias'-Verdeutschung mit drei nachweisbaren Handschriften relativ gut bezeugt und war über einen privaten Kreis hinaus bekannt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Antje Willing: Textkritik zu Trojas Fall. In: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg. uni.kurier.magazin 106, 31. Jahrgang Juni 2005. (Sonderdruck liegt bei)