Reproduktionsstrategien von Familien in Siedlungen der Agrarreform im brasilianischen Bundesstaat Pará (Amazonien)
Final Report Abstract
Im Südosten Paräs (Amazonian) befinden sich zurzeit 473 Siedlungen der brasilianischen Landreform mit rund 80.000 Familien. Die Ergebnisse der Landreform bleiben jedoch hinsichtlich wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit weit hinter den angestrebten Zielen zurück. Die Aktivitäten zur Überlebenssicherung der Siedler in den Siedlungen der Landreform sind eingeschränkt und in vielen Fällen weder wirtschaftlich noch ökologisch nachhaltig. Vor diesem Hintergrund habe ich das Wechselspiel zwischen den institutionellen Rahmenbedingungen (Landreform, Umweltauflagen), den natürlichen Ressourcen (Tropen-, Sekundärwald), den sozio-politischen Konfigurationen in der Untersuchungsregion und den Strategien zur Überlebenssicherung der Siedler zum zentralen Thema meiner Untersuchung gemacht, in Abänderung zur ursprünglichen Fragestellung, die die Überlebensstrategien der Siedler fokussierte. Als Ergebnisse sind festzuhalten, dass die Landreform selbst zu einer wichtigen (Finanz-)Ressource für individuelle Siedler und verschiedene Interessengruppen in der Region geworden ist. Es hat sich gezeigt, dass die Maßnahmen zur Herstellung von größerer sozialer Gerechtigkeit mittels Umverteilung von Boden (= Landreform) in hohem Maße für Korruption und Ineffizienz anfällig sind. Die derzeitige Antrags- und Entschädigungspraxis fordert eine Komplizenschaft zwischen Behörden der Landreform und Grundbesitzern, aber auch zwischen Landreform und sozialen Bewegungen. Dies führt in einigen Fällen zu einer positiven Sanktionierung von Rechtsbrüchen. Die staatlichen Transfer-Zahlungen an die Siedler im Rahmen der Landreform führen zwar zu einer Stabilisierung der Siedler vor Ort, ziehen aber weitere Siedlungswillige an und ermöglichen Trittbrettfahrer-Verhalten durch Personen, die nicht die Kriterien der Landreform erfüllen. Ferner wird die Ressource Tropenwald in den Siedlungen der Landreform bis zur Erschöpfung ausgeplündert, weil sie frei zugänglich ist und weil keine ausreichenden Kontrollmechanismen existieren, um deren Übernutzung zu beschränken. Die fehlende interne Kontrolle in den Siedlungen ist durch Fehlen sozialer Gemeinschaft bedingt; die externen Kontrollen versagen wegen Ineffizienz der Behörden und Korruption. Vertreter der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und Betroffene sowie soziale Akteure vor Ort in Brasilien erwiesen sich als in hohem Maße an den Ergebnissen dieser Forschung interessiert, die ich bereits in Form von Vorträgen öffentlich zugänglich gemacht habe.