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Die westgotische Judengesetzgebung. Neue Thesen und Überlegungen
Antragsteller
Dr. Alexander Bronisch
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung von 2004 bis 2005
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5437391
Im Hauptteil der Arbeit, einem sogenannten "Längsschnitt", wirdder Ablauf der Ereignisse geschildert, beginnend mit einemAbriss der Verhältnisse unter den arianischen Westgoten und denFolgen, die die Konversion der Goten zum katholischen Bekenntnisfür die Judengesetzgebung hatte. Der Schwerpunkt liegt aufder Zwangstaufe der Juden unter König Sisebut und auf der nachfolgendenReichs- und Kirchengesetzgebung zu den Juden bis zumletzten überlieferten Kirchenkonzil gegen Ende der westgotischenEpoche. Im sogenannten "Querschnitt" werden wichtigen Detailfragenzur Bewertung der zuvor geschilderten Ereignisseerörtert. Dabei wird insbesondere hinsichtlich der Motivationzur westgotischen Judengesetzgebung und zur Frage nach dentreibenden Kräften der antijüdischen Politik ein neues undschlüssiges Erklärungsmodell erarbeitet. In beiden Abschnittenwerden jeweils die Ergebnisse der Quellenanalyse durch dieGegenüberstellung mit älteren Thesen und dem bisherigen Standder Forschung ausführlich diskutiert. Kurz gefasst schildertdie Arbeit die westgotische Judengesetzgebung als die fastunausweichliche Folge der Zwangstaufe unter König Sisebut.Dieser hatte die Juden nach dem Vorbild der Konversion derWestgoten vom arianischen zum katholischen Bekenntnis unterseinem Vorgänger Reccared I. zur Taufe führen lassen, nachdemihn die Kirche ermahnt hatte, die Verkündigung des Christentumsim eigenen Reich nicht zu vernachlässigen. Die Kirche verurteiltespäter diesen Schritt und untersagte zukünftige Zwangstaufen,erkannte aber die erfolgte Taufe als gültig an. Diegetauften Juden galten nun als Christen, die jedoch unter dempermanenten Verdacht der Apostasie standen. Die Rückkehr zuihrem angstammten Glauben bedeutete aber in der westgotischenVorstellungswelt zugleich den Bruch des Gott in der Taufe gegebenenTreueschwurs. Entsprechend einem dezidiert alttestamentalischenVerständnis der westgotischen Reichsideologie musstedies den Zorn Gottes provozieren, der in letzter Konsequenz biszum Untergang des Reiches führen konnte. Die Sicherstellung derRechtgläubigkeit der getauften Juden war somit nicht nur einepastorale Aufgabe der Kirche, sondern zugleich eine Frage derStaatsraison. Der König wurde entsprechend dieser Logik perKirchengesetz zur Überwachung der Juden verpflichtet. Darausresultierte die gesamte, sich zunehmend verschärfende westgotischeJudengesetzgebung, die fast Züge eines rassistischenAntijudaismus annahm.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen
Beteiligte Person
Professor Dr. Alfred Haverkamp (†)