Evaluation eines kognitiv-behavioralen Therapieprogramms für sozialphobische Kinder
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Forschungsprojekt wurde ein kognitiv-behaviorales Behandlungsprogramm für sozial phobische Kinder in Form eines Therapiemanuals entwickelt, das auf den neueren empirischen Befunden zur psychotherapeutischen Behandlung sozialer Ängste bei Kindern basiert. Die Wirksamkeit dieses Behandlungsprogramms wurde in einem Vortest-Nachtest Kontrollgruppendesign hinsichtlich seiner generellen Effektivität, der Art der erzielten Veränderungen und der Zeitstabilität überprüft. Die Effekte der Intervention wurden durch einen Vergleich der spontanen Veränderungen in einer Wartekontrollgruppe (WKG) mit den interventionsbedingten Veränderungen in der Behandlungsgruppe (CBT) erfasst. Es fanden drei Messungen statt: vor, unmittelbar nach und sechs Monate nach Ende der Therapie. Eine weitere Studie beschäftigte sich mit der Frage, ob sich Kognitionen von sozial phobischen Kindern vor, während und nach streßinduzierenden Situationen von denen normalgesunder Kinder hinsichtlich Anzahl, Aufmerksamkeitsrichtung, Inhalt und Valenz unterscheiden. Die streßinduzierenden Situationen waren entweder individuell ausgewählte oder aber fremd vorgegebene. Zur Erfassung der Kognitionen wurden unterschiedliche Methoden angewendet: die Produktionsmethode (Think-aloud) und die Bestätigungsmethode ("Fragebogen zur Erfassung sozial ängstlicher Kognitionen bei Kindern und Jugendlichen", SÄKK), deren Reihenfolge variiert wurde. Die Überprüfung der Wirksamkeit des Behandlungsprogramms zeigte ermutigende Ergebnisse: Im Vergleich zur Wartekontrollgruppe nahm in der Behandlungsgruppe das Ausmaß der sozialen Angst signifikant stärker ab. Die Behandlungsgruppe zeigte außerdem signifikant mehr soziale Aktivitäten. Hinsichtlich der Kognitionen, die erfasst wurden, zeigte sich eine signifikante Zunahme an positiven Gedanken in der Behandlungsgruppe. Auch Effekte auf andere Verhaltensbereiche ließen sich erkennen, so eine Abnahme depressiver Symptome und eines unrealistischen Selbstbilds. Die dritte Fragestellung des Forschungsprojektes zu den sozial ängstlichen Kognitionen zeigte überraschende Ergebnisse. Zur Beantwortung der Fragestellung, welche Kognitionen vor, während und nach stressinduzierenden Situationen die sozial phobischen Kinder von den normalgesunden differenzieren, wurde zunächst der "Fragebogen zur Erfassung sozial ängstlicher Kognitionen bei Kindern und Jugendlichen (SÄKK)" entwickelt und hinsichtlich seiner psychometrischen Eigenschaften überprüft. Außerdem wurden umfangreiche Studien an normalgesunden Schulerstichproben zur Untersuchung, ob ein Zusammenhang zwischen dem Ausmaß sozialer Angst und kognitiver Inhalte besteht, durchgeführt. Dabei zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen dem Ausmaß sozialer Angst und negativer Selbstbewertung am stärksten in der sozial ängstlichen Schülerpopulation, am schwächsten jedoch in der klinischen Stichprobe sozial phobischer Kinder. Auch in der experimentellen Kognitionsstudie lässt sich auf deskriptiver Ebene vermuten, dass sozial phobische Kinder häufiger eine Gedankenleere erleben anstelle eines Übermaßes an negativen Gedanken. Die sozial phobischen Kinder zeigten signifikant häufiger Bewältigungsgedanken, wenn die Bestätigungsmethode vor der Produktionsmethode durchgeführt wurde. Bei den normalgesunden Kontrollkindern zeigte sich dieser starke Effekt nicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Graf, A., Gerlach, A. L. & Melfsen, S. (2007). Fragebogen zur Erfassung Sozial ängstlicher Kognitionen bei Kindern und Jugendlichen. Zeitschrift für Kinderund Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 35 (4), 257-264.
- Melfsen, S., Schwieger, J., Kühnemund, M., Stangier, U., Stadier, C., Poustka, F., Heidenreich, T., Lauterbach, W. & Warnke, A. (2006). Die Behandlung sozialer Ängste bei Kindern- und Jugendlichen. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 34 (3), 203-214.