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Nichtgleichgewichts- Phasenübergänge in kristallinen Halbleitern bei Bestrahlung mit Ionen sehr hoher Energien

Fachliche Zuordnung Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2004 bis 2007
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5438441
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die mit der Schwerionenbestrahlung im Energiebereich von ≈ 100 MeV bis GeV verbundene hohe elektronische Energiedeponierung ist in Dielektrika und einigen Metallen mit der Bildung amorpher Ionenspuren entlang der Ionenbahnen verbunden, sofern die pro Ion und Wegeinheit in elektronische Prozesse deponierte Energie Se einen materialspezifischen Schwellwert überschreitet. Als Mechanismen für den Transfer der Energie aus dem hochangeregten Elektronensystem auf die Gitteratome werden in der Literatur die Coulomb-Explosion, die Gitterrelaxation und das "thermal spike"-Modell diskutiert, wobei in der Regel der "thermal spike" in den genannten Materialien eine gute Beschreibung der ablaufenden Prozesse lieferte. Ziel dieses Vorhabens war es, den Einfluss hoher lokaler Energieübertragung auf strukturelle Veränderungen in den technologisch relevanten Halbleitern InP, GaAs, Ge, GaP und AlAs zu studieren. Dabei sollte insbesondere auch die Frage geklärt werden, welches der Modelle die experimentellen Befunde selbstkonsistent beschreiben kann. Am HMI Berlin wurden Kr-, Xe- und Au-Bestrahlungen von einkristallinen und vorgeschädigten Proben der genannten Halbleiter bei Raumtemperatur und 80 K durchgeführt, wobei die pro Ion und Wegeinheit deponierte elektronische Energie Se im Bereich zwischen etwa 12 keV/nm und 32 keV/nm variiert wurde. Als Analyseverfahren wurden vorwiegend die Rutherford- Weitwinkelstreuung von 1,4 MeV He-Ionen in Verbindung mit der Kanalisierungstechnik (RBS/C) und elektronenmikroskopische Methoden (TEM) eingesetzt. Die Bestrahlung von einkristallinem InP bei Raumtemperatur führt oberhalb eines Schwellwertes Se = 14,8 keV/nm zur Ausbildung amorpher Ionenspuren, deren Ursache eindeutig eine Folge elektronischer Wechselwirkungen ist. Mit wachsender Ionenfluenz steigt die Zahl der Spuren, bis bei einer kritischen Fluenz infolge Agglomeration und Überlappung der Spuren eine kontinuierliche amorphe Schicht entsteht. Die RBS- und TEM-Analysen zeigen, dass in diesem Fall praktisch jedes einfallende Ion eine Spur erzeugt. Die Bestrahlung bei 80 K hingegen führt bei gleicher Ionenfluenz zu einer deutlich reduzierten Defektkonzentration. Auch hier wird bei entsprechend höheren Fluenzen eine amorphe Schicht gebildet, zur Generierung amorphen Materials müssen bei dieser Temperatur jedoch mindestens zwei Ionen am selben Ort in das Material eindringen. Dieser Einfluss der Bestrahlungstemperatur auf Defektbildung und Amorphisierung ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass die Spurbildung in InP thermischer Natur ist, so dass Coulomb-Explosion und Gitterrelaxation als verantwortliche Prozesse ausgeschlossen werden können. Bei Raumtemperaturbestrahlung von GaAs, GaP, Ge und AlAs wird, wie bei Bestrahlung von InP unterhalb des Schwellwertes von Se, lediglich eine geringfügige Schädigung des Materials gemessen, wobei die relative Defektkonzentration bei etwa 6% in die Sättigung geht und im untersuchten Fluenzbereich nicht weiter ansteigt. Die in kristallinem und vorgeschädigtem GaAs bei sehr hohen Se-Werten ebenfalls nachgewiesenen Ionenspuren sind sehr diskontinuierlich, ihre Formierung ist an eine Vorschädigung des Materials gebunden und erfordert mehrmalige Überlappung der von den einzelnen Ionen geschädigten Bereiche. Die Diskonti19 nuität der Spuren kann mit Ladungsfluktuationen und damit verbundenen Schwankungen der elektronischen Energiedeponierung im Bereich des Schwellwertes von Se erklärt werden. Hohe elektronische Energiedeponierung führt in vorgeschädigtem GaAs, GaP und AlAs im gesamten untersuchten Bereich von Se zu einer effektiven Defektausheilung, im InP wird Defektausheilung bei Bestrahlung unterhalb des Schwellwertes von Se festgestellt. Im Rahmen des Vorhabens konnte erstmals gezeigt werden, dass mit Hilfe des auf die Anwendung für Halbleiter modifizierten "thermal spike"-Modells die für InP und Ge verfügbaren experimentellen Daten selbstkonsistent beschrieben werden können. Daraus ergibt sich, dass die in den Halbleitern ablaufenden Energiedeponierungsprozesse mit großer Wahrscheinlichkeit über einen "thermal spike" ablaufen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • A. Kamarou, E. Wendler, W. Wesch Charge state effect on near surface damage formation in swift heavy ion irradiated InP J. Appl. Phys. 97 (2005) 123532

  • A. Kamarou, W. Wesch, E. Wendler, A. Undisz, M. Rettenmayr Swift heavy ion irradiation of InP: Thermal spike modeling of track formation Phys. Rev. B 73 (2006) 184107

  • W. Wesch, A. Kamarou, E. Wendler, S. Klaumünzer 593 MeV Au irradiation of InP, GaP, GaAs and AlAs Nucl. Instr. and Methods B 242 (2006) 363

 
 

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