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Bausoldaten und Friedliche Revolution. Die Bewegung zur Verweigerung des Wehrdienstes in der DDR im Spektrum des politischen Protests

Antragsteller Dr. Thomas Widera
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2004 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5439905
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In dem Projekt "Bausoldaten und Friedliche Revolution" wurde nach der gesellschaftlichen Situation der Bausoldaten in der DDR und nach dem Entfaltungsprozess ihres eigenen Profils gefragt, aber auch nach dem aktivierenden Potential, das sich zum politischen Protest entwickelte. Der Untersuchung lag die Hypothese von der Interdependenz einer ursprünglich religiös motivierten Verweigerung des bewaffneten Wehrdienstes mit den Entstehungs- und Handlungsbedingungen der politischen Opposition zugrunde. Im Unterschied zum Nationalsozialismus wurde in der DDR versucht, zwischen religiös motivierten Pazifisten und politischen Kriegsdienstverweigerern zu differenzieren. Das SEDSicherheitskonzept aber vernachlässigte die Gegner der Rüstungspolitik und des bewaffneten Wehrdienstes, da sie quantitativ eine geringe Rolle spielten. Die SED-Führung erkannte nicht, dass sie selbst mit der Schaffung von Baueinheiten in der NVA einen legalen Ort für die Herausbildung oppositioneller Verhaltensweisen und das Training des passiven Widerstands inspiriert hatte. Folglich versäumten es die politische Militärführung wie das MfS, frühzeitig eine geeignete Strategie zur Ausschaltung der unabhängigen Friedensbewegung zu entwickeln. Auf die deutliche Zunahme der Verweigerung des bewaffneten Wehrdienstes nach 1980 und das Wachstum der Opposition konnten die Sicherheitskräfte nur noch defensiv reagieren. Der entscheidende Erfolg der Bausoldaten war ihre Solidarisierung im Widerstand des Einzelnen gegenüber der im Militär institutionalisierten Gewalt. Auch die beharrlich eingeforderten religiösen Grundrechte waren Ausdruck individueller Selbstbewahrung und der Verweigerung von Unterwerfungsgesten. Im Bau militärischer Einrichtungen musste entgegen dem eigentlichen Anliegen gehandelt werden. Darin zeigte sich der Widerspruch zwischen den Absichten und der Realität des Wehrdienstes. Aus ursprünglich religiösen Einstellungen wuchsen politische Kräfte, die in die Forderung nach einem Sozialen Friedensdienst mündeten. Über die NVA hinaus hatte die positive Widerstandserfahrung Synergieeffekte in die Gesellschaft und wurde zur ideologischen Herausforderung der SED. Pazifistische Basisgruppen beharrten auf der Einhaltung der friedenspolitischen Prinzipien und paralysierten durch die generelle Hinterfragung der Gewaltanwendung das ideologische Fundament der SED-Herrschaft. Ohne sie hätten die Grundlagen der Gewaltlosigkeit für Widerstand und Protest nicht in die Gesellschaft hineingetragen und darin verbreitet werden können.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Widera T., Aspekte der Benachteiligung von Bausoldaten im DDR-Bildungssystem. In: Horch und Guck, 16 (2007), S. 48-51.

  • Widera T., Gewissen in der Systemkonfrontation - Pazifisten in der DDR zwischen Kirche und Staat. In: Schmeitzner, Mike; Wiedemann, Heinrich (Hg.): Mut zur Freiheit. Ein Leben voller Projekte. Festschrift zum 80. Geburtstag von Wolfgang Marcus. Berlin 2007, S. 249-266.

 
 

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